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[Hausrecht] Probleme mit der Schule

original Thema anzeigen

 
09.10.09, 09:48:18

Whistlebow

Ich habe mir den Thread jetzt mal in Ruhe durchgelesen, Mortifer. Ich kenne deine Probleme aus eigener Erfahrung und auch von meinem Sohn her, wobei ich da noch rechtzeitig die Notbremse gezogen habe, dank meiner sehr engagierten Ehefrau.

Aus meiner Sicht der Dinge hast du exakt 2 Möglichkeiten:

Möglichkeit 1: Du lässt alles geschehen und gehst unter, denn was auch immer du an fängst, wird dir in der Reizüberflutung untergehen.

Möglichkeit 2: Du bekennst dich zu deiner Behinderung. Outest dich. Stellst unverzüglich einen Antrag auf Nachteilsausgleich in der Schule. Hierzu gleich mal für dich ein pdf:

http://www2.autismus.de/media/Stellungnahme%20des%20Wiss.%20Beirats%20zum%20Nachteilsausgleich%20in%20der%20Schule.pdf

Dies nimmst du als Basisdokument und beantragst die auf dich passenden Punkte.

Bei Fragen rufst du direkt dort an, respektive stellst die hier, wo du sehr kompetente Antworten bekommst.

Oh Gott, wie sehr ich es hasse - Trotzdem bei deiner Not bleibt nichts übrig, ich erlaube mir, dir einen Ratschlag zu geben.

Als die Situation bei meinem Sohn eskalierte (der übrigens gerade Abitur macht, in der 12. Klasse) konnte meine Frau Kontakt herstellen zur Uni-Köln, wo man auf frühkindlichen Asperger-Autismus spezialisiert ist. Über die bekamen wir Kontakt zur Anna-Freud-Schule in Köln. Eine Schule, speziell für Behinderte, meines Wissens sogar die einzige weiterführende Behinderten-Schule in Deutschland, auf der Behinderte ihr Abitur machen können. Dort ist mein Sohn jetzt seit dem 7. Schuljahr. Und er ist nicht der einzige Autist, der diese Schule besucht. Die Klassen sind maximal 9 Schüler gross. Im Unterricht sind ständig 2 Lehrer anwesend. Auf Ruhezeiten und Rhytmen wird grosser Wert gelegt. Wo immer es geht, benutzen die Schüler im Unterricht PC und Läppi. Der Unterricht findet ganztags statt. Angeschlossen an die Schule ist ein Internat. Auch hier ist man auf die Behinderten Problematik spezialisiert.

Hier der Link zur Schule:

http://www.anna-freud-schule.de/

Das Internat wird vom Diakonischen Werk Michaelshoven betrieben. Informationen gibt man dir jederzeit.

Ein Platz an dieser Schule ist mehr wert als 6 Richtige im Lotto. Du musst dich also ins Zeug legen, um aufgenommen zu werden.

Danach aber hast du optimalste Förderung und erlebst Schule, wie du sie dir in deinen Träumen nicht hättest vorstellen können.

Daher mein Rat: Setze dich mit dieser Schule unverzüglich in Verbindung und versuche aufgenommen zu werden.

Ich weiss, das Kinder aus ganz Deutschland hier einen Platz gefunden haben.

Aber - es gibt nur 200 Plätze.

09.10.09, 14:01:08

55555

geändert von: [55555] - 09.10.09, 14:23:39

[Neue Beiträge aus dem Ursprungsthread dieser Auslagerung herverschoben, dabei entstandener Kettenbeitrag zusammengeführt, mfg [55555]]

Anmerkungen:

Gut, bei dieser Schule handelt es sich um eine Sonderschule, wenn vielleicht auch eine gute, insofern hatten wir vorher aneinander vorbeigeschrieben im anderen Thread. Ich ging davon aus, daß ihr es geschafft hattet barrierefreie Umstände an einer Regelschule umzusetzen, wie es ja im Rahmen der Inklusionspolitik angestrebt werden sollte (UN-Konvention). Hier war für euch dann wohl am schwierigsten den Platz an dieser Schule zu bekommen, für die Behörden dürfte das kein Problem sein, weil das Kind ja schön ausgesondert wurde.

Mir scheint im Forum wieder eine gewisse Tendenz einzureißen Autismus als Behinderung zu betrachten. Autismus ist keine Behinderung, Autisten werden behindert, weil sie nicht zur Einrichtung der Kulturlandschaft der NA-Mehrheit passen und sind daher Behinderte. Der Grund ist jedoch nicht der Autismus, sondern die Ignoranz gegenüber unserer Minderheit. Das darzustellen finde ich sehr wichtig, weil leicht Autisten schnell gewissermaßen in ihrer Veranlagung die Schuld für ihre Probleme zugeschrieben werden. Sachlich handelt es sich aus meiner Sicht jedoch weitgehendst klar um Diskriminierungen.


@MoRtiFeR:

Ich habe hier keine Ideallösung für dich die nur Vorteile hätte, teile meine Gedanken mit, um deine eigene Entscheidung zu fundieren (man kann sich nur gut entscheiden, wenn man weiß, was Entscheidungen bewirken könnten).

Manchmal hilft es Ärzten den erwünschten Inhalt von Attesten zu umreißen oder vorzuformulieren. Denn sie wissen von sich ja auch meist nicht, worauf es nun für jemanden genau ankommt, wo Probleme liegen, bei denen das Attest zum Zuge kommen soll.

Schweigend vorlegen kann schon reichen, wenn manche auch vermutlich versuchen näher darüber zu plaudern.
09.10.09, 15:24:38

zoccoly

geändert von: zoccoly - 09.10.09, 15:27:43

@ Whistlebow,

was mich interessieren würde, wie viele Schulabgänger (prozentual, bezogen auf Autisten) dieser Schule, absolvieren danach erfolgreich ein Studium und wie viele beenden eine Berufsausbildung?
09.10.09, 17:00:50

Whistlebow

@zoccoly: Zunächst einmal, es handelt sich um eine Behindertenschule, die aber im Lehrplan und allen Lerninhalten dem Normalen NRW Standard entspricht, wie auch das Abitur ein ganz normales vollwertiges ist.

Die genauen Zahlen prozentual, bzw. bezogen auf Autisten kenne ich nicht. Sind aber wohl bei der Schule zu erfragen. Ich habe aber das Gefühl, das es wesentlich weniger sind, die die Schule hinschmeissen kurz vorm Abi. Die Zahlen nach dem Abi sind wieder im Normal Bereich, da die Leute dann ja wieder in eine absolute NA Umgebung zurückfallen.

Und selbstverständlich sind sie danach auch wieder mit der ganz normalen Ausgrenzung als Behinderter konfrontiert, wie sonst auch. Daran liegt es wohl, das hochintelligente Schulabgänger von da massivste Schwierigkeiten haben, eine Lehrstelle zu bekommen.

Im Studium sieht es wieder ganz anders aus. Die, die eine Berufsausbildung wollten, tun sich schwer eine Stelle zu finden, die, die studieren, nehmen den Heimvorteil einer guten Schule noch anhaltend mit ins Studium. Hier scheint die Quote für erfolgreichen Studienabschluss leicht höher zu sein.
09.10.09, 17:07:34

55555

Ich weiß zufällig, daß in Köln auch in der Johann-Christoph-Winters-Schule, Schule für Kranke der Stadt Köln Autisten untergekommen sind. Diese Schule ist wohl von den Aussichten auch noch halbwegs vergleichbar mit der von dir genannten. Allerdings ist Köln nicht so dicht bei Bayern. Und gesellschaftlich gesehen ist das eben auch einer der Gründe, weswegen die Gesellschaft so wenig auf Autisten eingeht. Weil sie entweder mit üblichen NA wie andere "Behinderte" kaum in Kontakt kommen, wegsortiert werden und sich anderenfalls auch selbst verstecken (aus oft guten Gründen im Einzelfall).
09.10.09, 17:45:46

zoccoly

Zitat von “Whistlebow“:
Und selbstverständlich sind sie danach auch wieder mit der ganz normalen Ausgrenzung als Behinderter konfrontiert, wie sonst auch. Daran liegt es wohl, das hochintelligente Schulabgänger von da massivste Schwierigkeiten haben, eine Lehrstelle zu bekommen.


Die Schule mag für deinen Sohn sehr geeignet sein. Er macht vielleicht danach sein Studium und steigt eventuell in deine Firma ein.
Mein Sohn ist nicht behindert. Er verträgt nur nicht, wenn der Unterricht laut und unstrukturiert ist und die Lehrer auf ihren Lösungswegen bestehen, die für ihn viel zu umständlich sind, auch verträgt er nicht, dass sachliche Kritik persönlich genommen wird und er mit Konsequenzen zu rechnen hat.
Also gehörte er nicht auf eine Behindertenschule und für mich bedeutete es, dass ich während der gesamten Schulzeit meines Sohnes kämpfen musste.
Du schreibst selbst, dass hochintelligente Schulabgänger nach der Schule wieder mit der ganz normalen Ausgrenzung als Behinderter konfrontiert werden.
Deshalb fragte ich nach den Chancen. Wenn man nicht behindert ist, kann es meiner Meinung kein Rat sein, dass Kinder und Jugendliche eine Sonderschule besuchen sollen, auch wenn sie noch so gut ist. Auf dem Zeugnis steht als Schule Sonderschule und das reicht vielen um Klischees zu bedienen.
09.10.09, 20:47:27

anne1

(Hallo, Zoccoly,
Kritik sollte, soweit möglich, bzw, soweit keine Gefahr im Verzug,
unter 4 Augen erfolgen; und sie sollte besonders höflich formuliert werden, weil Kritik = Infragestellen der Kompetenz = Angriff auf die Autorität. Das kann sich ein mittelmäßiger Lehrer vor einer Klasse von NA Kindern einfach nicht leisten. viele Grüße, anne)
09.10.09, 20:57:20

Quadriga

geändert von: Quadriga - 09.10.09, 21:01:46

Nein. Also eine Sonderschule ist, selbst wenn es einen vom Inhalt her gleichwertigen Unterricht bieten kann, in der Gesellschaft dennoch als "minderwertig" angesehen. (Mir fällt kein passenderes Wort ein).

Zudem Köln, wie auch schon von 55555 erwähnt, nicht gerade nah an Bayern liegt und ich über 625km von Köln entfernt wohne.

Ich weiß zudem auch, was ich aushalten kann und was nicht. Wenn ein Unterricht als Beispiel unstrukturiert ist, und ich daher nicht so schnell ordentlich mitschreiben kann bzw sehr chaotisch mitschreiben muss, dann schreibe ich mir das zuhause noch einmal ab und strukturiere es und/oder hole mir noch externe Informationen zu dem Thema via Internet, damit ich damit dann arbeiten kann. Es ist zwar eine zusätzliche Arbeit, die nicht sein müsste, aber es ist machbar, sofern ich nach der Schule noch einigermaßen fit bin und nicht regungslos bis zum Abend vorm PC hocke oder nachmittags schlafen muss.

Damit letzteres möglich ist, kann ich maximal unter guten Bedingungen 5-6 Stunden in der Schule sein. Unter schlechten Bedingungen höchtens 2-3 Stunden.
Mein Ziel ist es daher, dass ich es erreiche, dass ich gehen kann, wenn es mir zuviel wird und ich dann von den Lehrern den Unterrichtsstoff auf einem Blatt oder per E-Mail erhalte, damit ich es selbstständig mir erlernen kann.
Ich denke, dass dies auch nicht allzu ein großer Aufwand für gewisse Lehrer sein sollte, da diese sowieso ihren Unterrichtsstoff auf Blätter geschrieben haben.

Wenn offiziell bekannt ist, dass ich in gewissen Situationen Schwierigkeiten habe mündlich im Unterricht mitzuarbeiten, kann man darauf auch Rücksicht nehmen, sofern man auch human ist. Also so, dass man mich zB nicht etwas fragt, wenn ich gerade noch am Schreiben bin, oder auch mal in Gedanken versunken bin, weil ich etwas durchdenken muss oder weil mir die Geräuschkulisse zu viel ist. Fällt es schwer mir dann eine Antwort zu überlegen und zu durchdenken, bzw ich brauche zu lang, so dass ich dann schweige und der Lehrer annimmt, ich wüsste es nicht, wobei ich es vermutlich auch gewusst hätte, aber nicht ausreichend schnell antworten konnte.

Ich kann aber sehr gut beweisen, dass ich in der mündlichen Mitarbeit sehr gut sein kann, sofern es nicht zu laut ist und man nicht zu sehr einen in Hetze bringt. In Geographie bin ich gut bis sehr gut, in Mathe bin ich mangelhaft bis befriedigend gut. Beides sind "Top-Fächer" von mir, aber in Mathe ist es wesentlich lauter als in Geographie.
Ich habe jedoch dieses Jahr Glück gehabt, dass weniger den Mathe-Leistungskurs gewählt haben, als letztes Jahr, und, dass dieser nicht mehr am Nachmittag stattfindet. Dadurch kann ich dem Unterricht auch schon deutlich besser Folgen.
Englisch hingegen ist teilweise eine Katastrophe für mich, obwohl dieses Jahr der Lehrer auch mehr Struktur einbringen kann in den Unterricht und bislang nicht auf Gruppenarbeit wert gelegt hatte. Letztes Jahr mussten wir zeitweise jede Stunde in der Gruppe arbeiten, was für mich wie die Hölle war und mir absolut nichts gebracht hat.

Ich werde also wie bereits geschrieben am kommenden Montag es über den Hausarzt versuchen. Zudem werde ich auch zuhause versuchen wieder etwas mehr "Druck" zu machen, da ich nicht mehr länger in einer resignierten Opferrolle sein will. Wenn das Umfeld an sich wieder entspannter ist, kann ich in der Schule sehr gute Leistungen erzielen, weil ich dann auch viel mehr aushalten kann und mich besser vorbereiten kann und mir weniger Gedanken um andere Dinge/Probleme (zB Geld) machen muss.

Ich bin eigentlich (im Internet) auch sehr selbstbewusst und selbstsicher und weiß ganz genau, was ich will und brauche, sofern ich nicht in einer schlechten Phase mich befinde. Unter Leuten wirke ich aber als sehr schüchtern und angreifbar oder bin wie ein "kleiner Professor".

Ich werde dieses WE jedenfalls dafür nutzen, dass ich mir einen genauen Plan mache über das weitere Vorgehen bzgl Schule und Zuhause.

@anne: Was Kritik anbelangt, habe ich gelernt, dass ich mir das nur denke, aber nicht äußere. Das ist aber auch nicht die beste Lösung dafür.
09.10.09, 21:57:14

zoccoly

Zitat von anne1:
Kritik = Infragestellen der Kompetenz = Angriff auf die Autorität.


Das verstehe ich schon wieder nicht und sehe es auch anders. Ich möchte den Begriff Autorität erstmal mit Achtung austauschen, gefällt mir besser und dann darf die auch nicht einseitig sein. Was ist denn gegen eine sachliche Kritik einzuwenden? Wenn sich der Lehrer irrt oder er überzieht eine Maßnahme hat er die Chance der Korrektur und ganz nebenbei es macht ihn auch menschlicher, wenn er einfach sagt, dass etwas nicht ok war. Im Übrigen wird das von den Schülern als Stärke und nicht als Schwäche aufgefasst.

@ MoRtiFer,

dir viel Erfolg für Montag
09.10.09, 22:03:42

haggard

gibt es andere schüler, die perfektionistisch veranlagt sind und alles detailliert mitschreiben/für dich einsammeln würden, falls lehrer trotzdem meinen würden, "sie" könnten diesen mehraufwand nicht betreiben?
09.10.09, 22:07:45

zoccoly

geändert von: zoccoly - 09.10.09, 22:18:20

azrael nichts gegen dich, aber Lehrer verdienen eine Menge Geld und sie haben gefälligst für ihre Schüler da zu sein, den "Mehraufwand" den sie eventuell betreiben, können sie ja in ihren Ferien abbummeln.
10.10.09, 14:44:28

[55555]

Ich habe einige der letzten Beiträge hierhin verschoben und den Hausrechtstatus für den Thread nachträglich verzeichnet. Wenn Beiträge stören, kann der Threaderöffner bei der Moderation Verschiebungen anregen (ich bin Admin und nur greife nur in von mir so gesehenen Notfällen in die Moderation ein).
 
 
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