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Ist das Autismus?

original Thema anzeigen

 
28.06.08, 20:05:42

Gast

Guten Abend,

ich hoffe, das von mir eröffnete Thema ist nicht zu egozentrisch. Auf jeden Fall hat es etwas mit der Definition des Begriffs "Autismus" bzw. mit dessen Extension zu tun, denn ich frage mich, ob ich zur Gruppe der Betroffenen (dieses Wort soll jetzt nicht wertend sein) gehöre.

Ich übe einen Beruf aus, in dem ich sehr viel mit Menschen zu tun habe. Das fällt mir zwar einerseits leicht, denn ich habe keine Hemmungen und bin (wenn es sein muss) zu Smalltalk bzw. ungezwungener Kommunikation fähig, allerdings geht mir die "Dummheit" (Passepartout für Begriffsstutzigkeit, Borniertheit, Unbeherrschtheit) meiner Mitmenschen ziemlich auf die Nerven. Ich denke, dass ich für meinen Job im Grunde genommen zu unempathisch und unnachsichtig bin.

Meine Freizeit verbringe ich so gut wie immer allein, wirkliche Freunde habe ich nicht - und das liegt sicher vor allem daran, dass ich mich gar nicht um Kontakt zu anderen Leuten bemühe. Es ist mir bewusst, dass ich für menschliche Fehler und Schwächen viel zu wenig Verständnis habe, doch diese Intoleranz ist meine erste Impulsreaktion (auch gegenüber meinen eigenen Defiziten). Ich hasse Menschenansammlungen, schon in einem gut besuchten Supermarkt fühle ich mich absolut unwohl. Gleiches gilt für Treffen im Familien-, Bekannten- oder Kollegenkreis. So etwas empfinde ich als pure Zeitverschwendung.
Außerdem mag ich es nicht, wenn mich andere Leute anschauen. Am liebsten ist es mir, wenn man mich in Ruhe lässt. Dinge, die andere Menschen offenbar ganz brennend interessieren, lassen mich kalt.

Ich habe ein Hobby, dem ich mich ziemlich leidenschaftlich widme, aber das ist keine bizarre, "nerdige" Beschäftigung, sondern ein ganz simpler Breitensport. Auf Ordnung und regelmäßige Abläufe lege ich keinen Wert, im Gegenteil: Ich mag Abwechslung eigentlich ganz gern, nur nicht in Bezug auf meinen Schlafplatz. Denn es ist mir unangenehm, woanders als in meinem eigenen Bett zu schlafen.

Apropos Bett: Ich habe zwar schon Erfahrungen mit Frauen gesammelt, aber ich bin eigentlich nicht an erotischen und/oder emotionalen Beziehungen interessiert, deshalb unternehme ich in dieser Hinsicht auch keinerlei Anstrengungen.

Was ist Eure Einschätzung? Bin ich Autist? Es ist mir klar, dass mein Verhalten ungewöhnlich ist, und nun würde ich dem Kind gern einen Namen geben.

Vielen Dank für Eure Antworten

Der Steinerne Gast
28.06.08, 20:36:26

tabby

Ferndiagnosen sind unzulæssig. Genaueres kann nur ein Facharzt sagen und das auch nicht von heute auf morgen, sondern es bedarf mehreren Untersuchungen.

Smalltalk und ungezwungene Kommunikation kann so gut wie kein Autist, aber der geregelte Ablauf ist sehr wichtig. Autisten sind fuer ihre Routinen bekannt.
und ich kenne ehrlich gesagt keinen Autisten, der sportlich ist

Auf den ersten Blick klingst Du fuer mich, wie ein Normalbuerger, der nur die Menschen satt hat und vielleicht eine Sozialphobie entwickelt hat.

Begriffsstutzigkeit wird uebrigens Autisten sehr oft vorgeworfen, weil sie anders denken und floskeln tuen sie auch recht selten
28.06.08, 21:31:10

55555

So ganz mag ich noch keine Einschätzung abgeben. Wie war es denn in der Schule mit Bekanntschaften?
Zitat von Frozen:
Ferndiagnosen sind unzulæssig. Genaueres kann nur ein Facharzt sagen und das auch nicht von heute auf morgen, sondern es bedarf mehreren Untersuchungen.

Wobei diese Nicht-Ferndiagnosen ja auch so eine Sache sind.
Zitat:
Smalltalk und ungezwungene Kommunikation kann so gut wie kein Autist, aber der geregelte Ablauf ist sehr wichtig.

Kommt wohl immer drauf an, worum es geht.
Zitat:
Autisten sind fuer ihre Routinen bekannt.

Was zumindest teilweise auch ein unzutreffendes Klischee ist.
Zitat:
und ich kenne ehrlich gesagt keinen Autisten, der sportlich ist

In diesem Forum hast du die Gelegenheit welche kennenzulernen glaube ich.
28.06.08, 21:33:01

mor

nurmalsoanmerk Aitschy ist sportlich, nur hat das echt nachgelassen....

bei mir....

Aitschy
28.06.08, 23:02:45

tabby

Sport als Hauptinteressengebiet?

Hier hab ich ne gute Seite gefunden, was zum Beispiel das Asperger Syndrom ausmacht

http://www.asperger-eltern.de/bauer.htm
29.06.08, 00:05:23

drvaust

Hallo Gast!

Eine Diagnose ist nicht so einfach, dazu gibt es zu viele Faktoren. Das darf nur ein Fachmann, und auch die haben Probleme damit.
Im Internet gibt es mehrere Selbsttests, die sind zwar nicht eindeutig, aber zeigen Anhaltspunkte. Such mal nach 'Autismus' und 'Test'. Wenn Du da auf eine erhöhte Wahrscheinlichkeit von Autismus kommst, könntest Du das evtl. mit einem Nervenarzt besprechen.
Hier erfährst Du einiges über Autismus, vielleicht erkennst Du da Anhaltspunkte. Lies hier mal die Themen.

29.06.08, 00:50:05

Rikki

@ Gast

für mich glinkt das nicht ausreichend nach Autismus
mögliche Alrernativen:
da du die anderen offensichtlich satt hast und sie für dumm hälts:
du könntest hochbegabt sein, die haben oft auch soziale schwierigkeiten und wenig einfühlungsvermögen
dann könntest du eine schizoide persönlichkeitsstörung (schau bei Wikipendia) haben:
Zitat:
aber ich bin eigentlich nicht an erotischen und/oder emotionalen Beziehungen interessiert

du könntest aber auch "einschneidende Erlebnisse" in deiner frühen kindheit gehabt haben
29.06.08, 13:01:38

[55555]

Nicht persönlich nehmen, den Thread habe ich verschoben, weil es im ursprünglichen Unterforum eher um grundsätzliche Fragen geht, also darum wie man Autismen an sich definieren sollte, weniger um die Frage, ob dieser oder jene Einzelfall vielleicht autistisch sein könnte.
29.06.08, 19:00:19

Gast

Hallo,

vielen Dank für Eure zahlreichen Antworten.

Es ist mir bewusst, dass Ferndiagnosen unzulässig und auch gar nicht möglich sind. Vermutlich habe ich mich zu plakativ und deshalb missverständlich ausgedrückt: Ich wollte eigentlich nur Eure (grobe) Einschätzung hören, ob die von mir beschriebenen Merkmale eher für oder gegen Autismus sprechen oder anders gesagt: ob Eurer Meinung nach der "Verdacht" naheliegt oder nicht.

Zu einem Experten möchte ich nicht gehen, denn das wäre des Guten wohl zu viel. Es interessiert mich ja eigentlich nur, ob und ggf. zu welcher Gruppe von der Norm abweichender Menschen ich gehöre. Die Frage, was mit mir los ist, stelle ich mir vor allem aus einem Grund: Wenn ich wirklich ein "Normalbürger" bin, der seiner Mitmenschen momentan überdrüssig ist, aber im Prinzip ein Bedürfnis nach Gesellschaft hat, dann sollte ich vielleicht irgendwann damit anfangen, ein Sozialleben aufzubauen. Falls ich allerdings autistisch, hochbegabt, schizoid oder was auch immer bin, dann wären meine Einigelungs-Tendenzen doch eine meiner Persönlichkeit angemessene Verhaltensweise. Oder sehe ich das falsch?
Eine Therapie oder so etwas brauche ich meiner Ansicht nach nicht, denn ich fühle mich ja nicht krank und ich bin mit meiner sozialen Abstinenz ja auch nicht unglücklich. Außerdem fehlt es mir ja auch nicht am sozialen Know-How, sondern an der Lust, dieses in die Praxis umzusetzen. Das Einzige, womit ich unzufrieden bin, ist mein Beruf.

Zu dem von mir betriebenen Sport sollte ich vielleicht noch präzisieren, dass ich ihn vor allem deshalb ausübe, weil er es mir ermöglicht, stundenlang allein in der Natur zu sein. Ich liebe es nämlich, in meditativ-kontemplativer Stimmung im Freien zu sein, die Bewegung spielt da nur eine Nebenrolle.
Natürlich habe ich auch geistige Interessen, aber da bin ich eher ein Hans Dampf in allen Gassen, der über viele verschiedene Themen liest und deshalb in keinem wirklich profunde Kenntnisse besitzt. Dafür denke ich, über eine ganz passable Allgemeinbildung zu verfügen. Die einzige wissenschaftliche Disziplin, in die ich tief eingedrungen bin, ist mein Studienfach, das mich heute aber auch nicht mehr so sehr in seinen Bann schlägt wie früher.

@ Frozen, Du hast geschrieben: "Auf den ersten Blick klingst Du fuer mich, wie ein Normalbuerger, der nur die Menschen satt hat und vielleicht eine Sozialphobie entwickelt hat."

Nach dem, was ich bisher über Sozialphobien gelesen habe, scheint Schüchternheit dabei in den meisten Fällen eine große Rolle zu spielen. Und bei mir ist es ja so, dass ich genau wüsste, wie ich mit anderen Leuten in Kontakt treten könnte, aber ich will es nun einmal nicht.

@ 55555, Du hast gefragt: "Wie war es denn in der Schule mit Bekanntschaften?"

Ich hatte meistens einen einzigen etwas engeren Bekannten/Freund, aber das war sicher nicht die Freundschaft à la "es passt kein Blatt Papier zwischen uns". In der Uni gab es Leute, mit denen ich vielleicht einmal pro Semester was trinken gegangen bin.

Übrigens: Dass Du den Beitrag verschoben hast, nehme ich natürlich nicht persönlich. Ich bin ja froh und dankbar, dass man mir hier antwortet, obwohl ich kein geübter Forums-Teilnehmer bin (was man daran erkennt, dass ich nicht weiß, wie man Textteile zitieren kann).

@ Rikki: An Hochbegabung oder eine schizoide Persönlichkeitsstörung habe ich auch schon gedacht. Und ob ich einschneidende Erlebnisse in meiner frühen Kindheit hatte, weiß ich natürlich nicht, aber ich halte dies eher für unwahrscheinlich.

Noch einmal vielen Dank und einen schönen Abend

Der Steinerne Gast
29.06.08, 20:18:36

55555

Zitat von Gast:
denn ich fühle mich ja nicht krank und ich bin mit meiner sozialen Abstinenz ja auch nicht unglücklich. Außerdem fehlt es mir ja auch nicht am sozialen Know-How, sondern an der Lust, dieses in die Praxis umzusetzen. Das Einzige, womit ich unzufrieden bin, ist mein Beruf.

Das würde wohl eher auf schizoid hindeuten. Viele Autisten wünschen sich mehr Kontakte aber wissen nicht wie sie es hinbekommen können.
Zitat:
Ich hatte meistens einen einzigen etwas engeren Bekannten/Freund, aber das war sicher nicht die Freundschaft à la "es passt kein Blatt Papier zwischen uns". In der Uni gab es Leute, mit denen ich vielleicht einmal pro Semester was trinken gegangen bin.

Ich glaube auch davon träumen die meisten Autisten nur.

Irgendwelche Auffälligkeiten an deiner Wahrnehmung?
29.06.08, 20:26:16

cony

Zitat von Frozen:
Sport als Hauptinteressengebiet?

Hier hab ich ne gute Seite gefunden, was zum Beispiel das Asperger Syndrom ausmacht

http://www.asperger-eltern.de/bauer.htm



Ich hab mir das mal durchgelesen, aber alles was da steht sind kann-aber muß nicht Kriterien.
Mein Sohn ist durchaus in der Lage mit anderen Kindern zu spielen, nur er sucht sie sich speziell aus.
Auch das mit dem durchstrukturierten Tagesablauf, der möglichst gleich sein sollte, stimmt bei ihm nicht.
Er liebt Überraschungen.Und es muß nicht Mittags punkt 12 essen geben ZB.Ich finde er ist sehr flexibel.
Ich meine nur, so 100 % ist das nicht auf jeden anwendbar.
30.06.08, 17:54:00

Gast

Hallo,

55555, Du hast geschrieben: "Irgendwelche Auffälligkeiten an deiner Wahrnehmung?"

Wie meinst Du das?

Nach allem, was ich bis jetzt über Autismus, schizoide Persönlichkeitsstörung und Hochbegabung gelesen habe, glaube ich auch, dass eher die letzteren beiden Phänomene auf mich zutreffen.

In der von Frozen verlinkten Darstellung der Asperger-Charakteristika kann ich mich zwar in einigen Punkten wiedererkennen, in anderen jedoch nicht. Sofern ich dennoch Aspergerianer sein sollte, dann sicher einer dieser nicht besonders ausgeprägten, "funktionalen" Fälle.

Wie dem auch sei: Wenn ich meine Biographie Revue passieren lasse und sie mit den diversen Fallbeispielen vergleiche, komme ich schon zu dem Schluss, dass ich nicht nur ein seiner Mitmenschen überdrüssiger "Normalbürger", sondern prinzipiell irgendwie andersartig bin.

Auf jeden Fall danke ich Euch für die Resonanz auf meinen Beitrag und für den aggressionsfreien Umgangston, den man leider nicht in jedem Forum findet.

Einen schönen Abend

Der Steinerne Gast
 
 
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