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Was ist sozial?

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09.11.07, 13:48:35

55555

geändert von: 55555 - 09.11.07, 13:49:41

Vor kurzem habe ich gehört, daß jemand einen Mitmenschen als asozial einschätzte, weil dieser seine Schuhe nicht geputzt hatte. Um diesen Begriff herum erlebe ich immer wieder seltsame Selbstverständnisse. Zudem werden ökonomisch arme Menschen oft als "sozial schwach" bezeichnet.

Was ist der Hintergrund für diese Begrifflichkeit? Was hat es mit sozialen Fähigkeiten oder Eigenschaften zu tun, wenn jemand seine Schuhe nicht putzt? Wird dieses Wort vielleicht gar in einem engstirnigen Sinn verstanden, der wie so oft gerne Autisten unterstellt wird, aber tatsächlich vor allem bei NA zu finden ist?
09.11.07, 15:23:44

Aldaris~Adun

geändert von: Aldaris~Adun - 09.11.07, 15:44:18

Ich habe auch festgestellt, das der Begriff asozial oft recht falsch/paradox verwendet wird, z.B. bei Familien mit vielen Kindern, Leuten die von Hartz IV leben, Menschen die auf der Strasse leben etc.

Ich denke, da kommt der Begriff daher, das sie innerhalb der Sozialsysteme weniger ins "System" einzahlen, als sie herausbekommen, also mehr oder weniger von der Unterstützung anderer leben (Hartz IV, Kindergeld, betteln etc.).

Der selbe Ursprung wird es beim Begriff "sozial schwach" sein.
Allerdings wird das ganze recht pauschal benutzt, man kann ja z.B. bei einer Familie mit 5 Kindern nicht einfach so darauf schliessen, das sie vom Kindergeld leben... Da wird gerne pauschalisiert und sehr oft denke ich- beim Verwenden eines Begriffes einfach gar nicht nachgedacht... So wie bei dem Menschen mit den unsauberen Schuhen... Völliger Quatsch...

Asozial im wörtlichen Sinne sind solche Menschen ja überhaupt nicht, im Gegenteil, oft gibt es unter ihnen einen WESENTLICH festeren sozialen Zusammenhalt als in der Durchschnittsbevölkerung.

Ich denke, uns Autisten nennt man vielleicht eher UNsozial... Was zwar wort- wörtlich das selbe sein sollte, aber doch eine sehr andere Bedeutung im Sprachgebrauch hat.

Letzteres hat man mir durchaus schon öfter unterstellt (es passt ja auch/ist ja auch so), ersteres allerdings niemals, da ich dieses "Profil" nicht ausfülle.
10.11.07, 04:53:55

drvaust

Ich vermute, mit 'asozial' ist gemeint, 'nicht an die herrschende Gesellschaft angepasst', 'nicht sozial konform'. Zu einer sozialen Randgruppe außerhalb der Masse der Gesellschaft gehörend.
Als wäre die konformistische Ellenbogengesellschaft sozial.
Mit 'sozial schwach' ist wohl gemeint, in der sozialen Hierarchie schwach, beim Aufstieg gescheitert, keine gesellschaftliche Macht.

10.11.07, 09:06:03

uppsdaneben

Der Begriff asozial wird sehr häufig als Diffamierung benutzt, ohne dass er sein Gegenstück zu sozial darstellt.
10.11.07, 16:26:01

arlette

bei der definiton von asozial wird oft noch unterschieden, ob jemand nach der meinung der 'integrierten' nicht kann oder nicht will. je nachdem wird asozial dann als 'arrogant' oder 'krank und hilflos' definiert.
10.11.07, 19:33:32

Gast

Hallo, 55555 und alle anderen,

ich finde , "asozial" bedeutet auch "rücksichtslos",
also bei Deinem Beispiel,
derjenige bietet seinen Mitmenschen einen häßlichen und ungepflegten Anblick, und zwar aus Gleichgültigkeit und Nachlässigkeit,

oder schlimmer,
derjenige stapft mit seinen schmutzstarrenden Schuhen zb. über einen frischgesaugten Teppich.

viele Grüße,
anne
10.11.07, 20:02:46

Aldaris~Adun

Zitat:
derjenige bietet seinen Mitmenschen einen häßlichen und ungepflegten Anblick, und zwar aus Gleichgültigkeit und Nachlässigkeit


Was hat das mit Rücksichtslosigkeit zu tun?
10.11.07, 21:43:45

55555

Rücksichtslos ist daran vermutlich, daß dem jeweiligen Nichtautisten nicht alles so präsentiert wird, wie er es gewohnt ist. Verkehrte Welt!
11.11.07, 00:27:19

Gast

Hallo, Aldaris,

bitte ersetze in meinem Beitrag
"bietet" durch "mutet...zu"!

viele Grüße,
anne
11.11.07, 10:54:33

55555

Das ändert finde ich nichts an der Grundaussage.
11.11.07, 15:45:15

Aldaris~Adun

Genau... Zumal ich "mutet zu" als anmaßend empfinde.
Wer ist man, das man entscheidet, was "sehenswert" und was eine Zumutung ist...

Als Zumutung kann ich sehen, z.B. der Öffentlichkeit auf der Tasche zu hängen, aber das äussere Erscheinungsbild fällt eindeutig in die persönliche Entscheidungsfreiheit, die niemanden als die Person selbst etwas angeht und auch ganz sicher niemanden belastet. Schliesslich ist ja niemand gezwungen, jemand anderen anzuschauen/zu mustern.
18.12.07, 23:29:02

Samantha

nicht jeder begriff wird absolut im sinne seines wortursprungs verwendet bzw. ändern sich begriffsbedeutungen mit der zeit manchmal auch.
ein beispiel sei einfach mal "carpe diem" was in seiner ursprungsbedeutung "nutze den tag" als durchaus positiv geprägter begriff seinen ursprung hatte.

nutze den tag, indem du ihn nicht vertrödelst, deiner handlungen bewußt bist, wichtiges von unwichtigem trennst.

heute wird dieser ausspruch - meist im profiltext von singlebörsen - als verstecktes synonym für "bitte keine verantwortung, einfach nur f***" verwendet.

asozial hat sicherlich seine ableitung irgendwann von unsozial, von der gemeinschaft wesentlich mehr nehmend als einbringend.

in der heutigen benutzung hat er eher die bedeutung von niedrigstes niveau, sich gehen lassen, sich nicht in die gesellschaft einbringen im sinne von vorsätzlicher faulheit. schmarotzer, leute die ihren tag damti verbringen, morgens schon mit der bierflasche vor der kaufhalle zu stehen.

auf mütter mit vielen kindern (gewöhnlich von vielen vätern) wird es dann zutreffend angewandt, weil die kinder entweder aus verantwortungslosigkeit (zu faul zu verhüten) oder aus schmarotzertum (soviel wie ich kindergeld kriege kann ich gar nich arbeiten) auf der welt sind.

ein (z.b.) sehr religiöse familie mit vielen kindern, die diese hat, weil sie kinder als gottes geschenk ansieht und deshalb nicht verhütet, wird niemand als asozial bezeichnen.

die ungeputzten schuhe sind ein äußerliches zeichen, welches rückschlüse auf den ansonsten sicher auch nachlässigen charakter zuläßt. deshalb in dem zusammenhang die bezeichnung asozial.

 
 
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