Missbrauch des Begriffes "Autismus"
17.06.06, 20:40:01
christian_k
Hallo,
mir fällt auf, dass der Begriff "Autismus" öfter mal für Angelegenheiten benutzt wird, für die er gar nicht angemessen ist.
Aktuelles Beispiel:
http://www.spiegel.de/unispiegel/schule/0,1518,421972,00.html
Gruss
Christian
18.06.06, 22:02:08
arlette
mich stört das nicht. die meisten nicht-gut-informierten stellen sich unter 'autist' sowieso kanner-kinder oder - wenns hoch kommt - rainman vor.
20.06.06, 14:31:57
Wursthans
Zitat:
Wegen der möglichen Strafaktionen gegen rebellische Schulleiter warfen die Grünen im hessischen Landtag Karin Wolff einen "absolutistischen und autistischen Führungsstil" vor.
Peinlich, daß das gerade von den Grünen kommt. Fehlt noch, daß die politische Gegner als "Nigger" bezeichnen.
20.06.06, 16:43:55
55555
geändert von: 55555 - 20.06.06, 16:46:00
Ich zitiere eine Email von mir an die Fraktion der Grünen im Hessischen Landtag:
"Titel: Dumpfe Polemik auf dem Rücken von Minderheiten aus dem Munde von Herrn Wagner
Sie schreiben in einer Pressemitteilung ihrer Fraktion auf ihrer Homepage:
"Durch ihren absolutistischen und autistischen Führungsstil hat die Ministerin die Motivation der Lehrerinnen und Lehrer auf den Nullpunkt gebracht."
Link
Durch dieses Zitat macht sich ihre Fraktion diese fragwürdige Aussage von Herrn Wagner offenbar gezielt zu eigen. Ihnen scheint nicht bewußt zu sein, daß das Niveau dieses Vergleiches ungefähr auf der Höhe von Aussagen wie: "Sorgfältige Politik macht man anders als den Abwasch in einer Schwulen-WG" und Ähnlichem rangiert. Sie bedienen in dieser Aussage ohne jede Hemmungen nach populistischer Weise billige Klischees. Ich fordere sie daher dazu auch sich öffentlich von diesem Fehlgriff zu distanzieren.
mfg"
[Behinderung des Zeilenumbruchs durch langen Link korrigiert]
20.06.06, 19:59:06
DrChaoZ
sehr guter brief 5555.
solche pressemitteilungen sind gift weil unsachlich und schlampig. aber auch scham auf die urheber dieses zitates. sie haben sich mit dieser äußerung disqualifiziert.
24.06.06, 18:09:25
Lisa M.
Zitat:
Fehlt noch, daß die politische Gegner als "Nigger" bezeichnen.
Das trifft's auf den Punkt!
Zitat:
"Sorgfältige Politik macht man anders als den Abwasch in einer Schwulen-WG"
*rolling on the floor laughing out loud*
(Abk.: *rotflol*)
Das finde ich gut mit der Email. Ist auch schon eine Antwort darauf gekommen?
24.06.06, 18:24:23
55555
Nein, bisher kam keine Antwort.
Wenn jemand sowas irgendwo liest kann er es ja hier posten. Erst jetzt hatte ich im Radio gehört, daß ein Sportreporter den Trainer wenn ich mich recht erinnere der schwedischen Männerfußball-WM-Mannschaft als autistisch bezeichnete. Da sollten wir vielleicht mal eine Lobbykampagne beginnen. Immer her damit zu diesem Zweck. :)
(Ich meine meist wird es *rofl* abgekürzt)
18.07.06, 21:40:46
55555
Aus der Formulierung der Antwort schließe ich, daß sie für das Forum gedacht ist:
Zitat:
Sehr geehrte Damen und Herren,
haben Sie vielen Dank für Ihre Mail.
Mit der zugespitzten Formulierung "autistischer Führungsstil" wollte ich symbolisch verdeutlichen, dass die Ministerin Argumenten von außen nicht mehr zugänglich ist, die Wirklichkeit an den Schulen nicht wahrnimmt und einsame Entscheidungen trifft.
Ich habe in keiner Weise beabsichtigt Menschen, die tatsächlich unter dem Krankheitsbild Autismus leiden, zu kränken oder ihre schwierige Lebenssituation nicht ernst zu nehmen. Sollte ich Sie durch meine Äußerung verletzt fühlen, bedauere ich das ausdrücklich.
Mit freundlichen Grüßen
Mathias Wagner
Ich habe den Eindruck, daß die Botschaft nicht so recht angekommen ist und er nicht verstanden hat, daß er mit seiner Wortwahl allgemeine Klischees verfestigt.
Es scheint mir sinnvoll zu sein darüber nachzudenken wie man Personen besser vermitteln könnte was sie mit solchem Wortgebrauch bewirken.
19.07.06, 13:32:30
christian_k
Ich habe exakt die gleiche Mail von ihm bekommen.
Gruss
Christian
19.07.06, 15:24:26
Lisa M.
Tse... Dass er das nicht beabsichtigt hat, ist ja wohl vorher klar gewesen. Also ist das m.E. eine "Nichtantwort", weil auf die eigentliche Sache gar nicht eingegangen wird. Aber man muss sich wohl damit abfinden, dass Wörter in so einem doppelten Sinn gebraucht werden, genau so, wie Kurzsichtige sich damit abfinden müssen, wenn immer wieder gesagt wird, es sei "kurzsichtig", wenn jemand nicht über langfristige Folgen nachgedacht hat. Wobei das in dem Fall auch weniger problematisch ist, weil ursprüngliche Wortbedeutung und Zweckentfremdung in dem Fall so weit auseinanderliegen und kein Klischee existiert, dass Kurzsichtige nicht über die langfristigen Folgen ihres Handelns nachdenken würden.
Zitat:
Sollte ich Sie durch meine Äußerung verletzt fühlen, bedauere ich das ausdrücklich.
Mit der Grammatik hat er sich auch nicht mehr Mühe gegeben als mit dem Denken. Darf ich jetzt ein Klischee über Politiker loslassen? :D
19.07.06, 16:59:27
Wursthans
Ich stimme dir zu und hatte ähnliches zum Begriff "blind" durchdacht. Das ist eben der Punkt, was blind oder kurzsichtig ist ist ziemlich allgemein bekannt. Was autistisch ist nicht und das stärkt dann falsche Vorstellungen wenn man immer wieder den Begriff in solchen Zusammenhängen präsentiert bekommt. Daher finde ich die Wortverwendung nach wie vor nicht tragbar. Sonst könnte man auch andere Klischees wieder als vermeintlich eigenständige Konstrukte wieder in die Sprache einführen.
19.07.06, 17:01:01
ZalamO
Diese Art der Reaktion ist typisch für Politiker. Immer, wenn sie darauf hingewiesen werden, dass sie Vorurteile allgemein zementieren, reagieren sie, als ob es sich um eine persönliche Beleidigung gehandelt hätte. Das ist wohl irgendwie "billiger".