Forum für Autisten und interessierte Zeitgenossen (http://autismus.ra.unen.de.auties.net/index.php)
-- Offenes Forum (Schreibrecht auch für unter User=Gast; Pass=Gast eingeloggte Gäste) (http://autismus.ra.unen.de.auties.net/board.php?id=3)
---- NA-Sprechstunde für Fragen zu Nichtautismus (http://autismus.ra.unen.de.auties.net/board.php?id=102)
Thema: gefühlsausbrüche (http://autismus.ra.unen.de.auties.net/topic.php?id=4441)


Geschrieben von: sayo am: 26.12.10, 16:31:40
Es war ja nur ein Beispiel, ich könnte viele andere aufzählen.
Streitsüchtigen Menschen gehe ich auch aus dem Weg, aber
Menschen die sich immer beherrschen sind mir auch
unheimlich.


Geschrieben von: Fundevogel am: 27.12.10, 02:54:29
55555: :D Ich schrieb über Beobachtungen.

Streitsucht ist nur eine Variation.

Es gibt auch stille Leidende, die sich nicht trauen, sich zu wehren und die Demütigungen "sammeln", bis es zur Entladung ihres "Leidkontos" kommt.

Es gibt Menschen, die ein Temperamentsvolumen haben, das ständigen inneren Eruptionen gleicht, durch die eine ruhige überlegte Herangehensweise platt gewalzt wird.

Es gibt Menschen, die argumentativ schwach sind oder verbal ungeschickt, die sich aber über Gefühlsausbrüche Gehör verschaffen und ihre Position kenntlich machen (sich mit der Faust Gehör verschaffen sagt man tendentiell Männern nach).

Menschen, die diese starke ausbruchartige Emotionalität an den Tag legen, werden einerseits von stillen Menschen als bedrohlich
empfunden (weil nie gewusst wird, wenn der Ausbruch stattfindet), andererseits werden sie als authentisch wahr genommen, weil wie bei einem Vulkanausbruch die Lava aus dem tiefen Inneren nach außen geschleudert wird.

Ich fände es vermessen, die eine oder andere Methode der Äußerung als minderwertiger zu betrachten, weil sie in ihrer Verschiedenheit von der Schöpfung in den Menschen gelegt wurde als seine ureigene Sprache.

Dass die eine Sprache als angenehmer empfunden wird und die andere als eher unflätig oder auch verschleiernd scheint mir Interpretationssache.


Geschrieben von: 55555 am: 27.12.10, 11:16:36
Zitat von Fundevogel:
Ich fände es vermessen, die eine oder andere Methode der Äußerung als minderwertiger zu betrachten, weil sie in ihrer Verschiedenheit von der Schöpfung in den Menschen gelegt wurde als seine ureigene Sprache.

Da du selbst gewissermaßen religiös argumentierst, kann ich auch ganz einfach so antworten:
Zitat von Jak 1,19-21:
Daher, meine geliebten Brüder, sei jeder Mensch schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn. Denn eines Mannes Zorn wirkt nicht Gottes Gerechtigkeit. Deshalb leget ab alle Unsauberkeit und alles Überfließen von Schlechtigkeit, und empfanget mit Sanftmut das eingepflanzte Wort, das eure Seelen zu erretten vermag.

Zitat von Gal 5,19ff:
Offenbar aber sind die Werke des Fleisches, welche sind: [...] Ausschweifung, [...] Feindschaft, Hader, Eifersucht, Zorn, Zank, Zwietracht, Spaltungen, Neid, Totschlag, Trunkenheit, Gelage und dergleichen, von denen ich euch vorhersage, gleichwie ich auch vorhergesagt habe, daß, die solches tun, das Reich Gottes nicht ererben werden.
Die Frucht des Geistes aber ist: Liebe, Freude, Friede Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit; wider solche gibt es kein Gesetz.


Geschrieben von: Fundevogel am: 27.12.10, 11:34:15
Das ist die Arbeit, die nach der Bestandsaufnahme erfolgen kann oder auch nicht, das ist jedem einzelnen überlassen, wie und wohin er seinen Weg gehen will?

Wozu aber würden Erbarmen, Langmut und Verzeihen benötigt, wenn nicht gewusst würde, wie schwer es ist, diesen Weg zu gehen und dass die Schöpfung der Anwendung dieser Begriffe bedarf?


Geschrieben von: 55555 am: 27.12.10, 12:20:21
Du hast behauptet keine "Methode" sei bezogen auf die religiöse Perspektive minderwertiger. Ich habe es widerlegt.


Geschrieben von: sayo am: 27.12.10, 14:24:44
Zu mir gehört es zu urteilen und zu werten, natürlich
weiß ich, dass meine Urteile keinen Anspruck auf Objektivität erheben können.

Ich kann mich darauf einlassen, wenn jemand aufgrund
einer Verletzung in einem Gefühlschaos laut wird,
sich streitet, aber Menschen die Streit suchen nur
um des Streites willen gehe ich aus dem Weg.


Geschrieben von: Fundevogel am: 28.12.10, 00:24:21
Werden wir in unserer Schwäche nicht geliebt?

Ist der "pädagogische Ansatz" Gottes der, den rechten Weg aufzuzeigen und einzufordern, andererseits aber dem Schwachen Trost zu sein und Hoffnung zu geben?

Ist der Mensch als Gottes Schöpfung ein miserabel gelungener "Poltergeist", dass er mit einem solchen "Donnerwetter" auf den rechten Pfad gebracht werden muss?
Der Mensch als "Gesellenstück", der der Anleitung bedarf, damit er selbst zum Meister reife?
Während dieser Zeit des Wachsens: Hätte er dann unsere Langmut und unser Erbarmen verdient?
Was würde honoriert, der Versuch oder das Gelingen?

Und wenn er nicht wachsen kann, weil er blockiert, traumatisiert, untalentiert...ist? Wäre er in dieser unbehebbaren Schwäche liebbar?


Geschrieben von: Mama am: 28.12.10, 08:07:03
Streit (wenn er nicht beabsichtigt ist) entsteht aus einer Meinugsverschiedenheit.
Die Meinung des anderen wird nicht akzeptiert. Warum?
Warum will einer immer Recht haben?
Streit ist ein schnelles Wortgefecht. Durch die Schnelligkeit wird das Denken vernachlässigt. Eine Salve nach der nächsten wird geschossen. Beendet wird es meist nur, wenn einer die Lust verliert.
So sind meine Beobachtungen.

sayo schrieb von Einkäufen, die nicht abgesprochen waren. Warum reicht es nicht einfach zu sagen, das es als nicht gut empfunden wird?

Wenn mein Mann und ich eine Meinungsverschiedenheit haben, so erklärt jeder einmal seine Meinung. Dann ist es gut. Jeder denkt über die Worte des anderen nach. Eine Annäherung der Meinung des anderen findet im Kopf statt, im Stillen. Ist es dies nicht möglich, so schließen wir einen Kompromiss. Dies kann wortlos geschehen.

Streit reinigt nichts, Streit ist ein Kräftemessen.
Streit ist Krieg, die donnernden Kanonen werden durch Laustärke ersetzt.


Geschrieben von: Fundevogel am: 28.12.10, 08:43:45
Durch Streit erfahren NA die "ehrlichen" Emotionen des Diskussionspartners, da sich im Streit nicht "beherrscht" wird.

Verschiedene Standpunkte auf der Sachebene zu klären, ist gewiss reibungsloser, wird aber auch als flach empfunden, weil nicht durchscheint, mit wieviel Herzblut der andere zu seinem Standpunkt steht.
Der Begriff "pulsierendes Leben" beschreibt es annähernd: Im übertragenen Sinne wird der Pulsschlag des anderen erfahren, seine Vitalität, seine Tiefe, seine Kopflosigkeit, seine Gefühlswelt - die Masken fallen...

Emotionen werden nicht "für sich behalten" sondern "laut stark" mit dem anderen ge klärt.


Geschrieben von: zoccoly am: 28.12.10, 08:47:03
Zitat von Mama:
Warum reicht es nicht einfach zu sagen, das es als nicht gut empfunden wird?


Eventuell reicht es.
Ich möchte dann aber noch die Hintergründe erfahren, warte auf Antworten. Dann hängt es mit Sicherheit vom Temperament des Einzelnen ab, wie er mit nichtssagenden Antworten oder offenkundigen Lügen umgeht.
Bei mir kann es vorkommen (zum Glück sehr selten), dass ich aus purem Entsetzen ausraste.
Nicht jeder ist perfekt.


Geschrieben von: 55555 am: 28.12.10, 12:27:06
@alle an christlicher Theologie nicht interessierte: Sofort zum nächsten Beitrag springen.

@Fundevogel: Mir scheint du willst hier mit allen Mitteln diese Eigenschaft möglichst gut dastehen lassen. Damit scheinst du mir eine bußfertige Gesinnung diesbezüglich noch nicht erreicht zu haben. Theologisch unterschlugst du wie mir scheint nun den Sündenfall, aufgrund welchem die Schöpfung heute nicht mehr so ist, wie sie eigentlich sein sollte (hierbei könnte man über verschiedene Details ausführlich diskutieren). Ich weiß auch nicht wie du darauf kommst, daß Sünder von "Gerechten" gewissermaßen als Aussätzige behandelt werden würden.


Geschrieben von: Hans am: 29.12.10, 06:19:06
Wenn ich etwas, was mir stinkt sachlich trocken und klar von mir gebe,
wird es kaum wahr genommen.
Wenn ich sachlich mehrfach "überhört" werde, hilft es nichts.
Ich muß mich aufregen, den anderen "anscheißen", dann geht was.
Einen Streit scheint es zu brauchen um den Gestank in einem Donnerwetter zu entladen,
ähnlich einer Flatulenz, so stinkt es dem Anderen auch mal ...

Mir fällt dazu noch eine kleine Geschichte von 1994 ein:
An meinem Arbeitsplatz in einem kleinen Raum ist Feuer ausgebrochen.
Ich verhalte mich vorschriftsmäßig und versuche nicht erst selbst zu löschen,
sondern gehe raus um Mitarbeiter zu benachrichtigen.
Ich schließe also die Türe hinter mir, damit nicht neuer Sauerstoff den Brand beschleunigt
und stehe in einem großen Saal mit vielen Tischen an denen Leute sitzen und arbeiten.
Ich spreche mehrfach mit fester aber trockener Stimme die Worte: "Feuer, es brennt!"
Kaum Einer reagiert, ein paar heben kurz den Kopf, es wird weiter gearbeitet.
Ich bin aufgeregt und weiß nicht wie ich es zeigen soll,
drinnen brennt es ja inzwischen weiter, ich höre es durch die Türe Knistern und Knallen.
Wenn ich jetzt nur mit den Händen flattere, werde ich wohl auch nicht mehr beachtet.
Also hebe ich die Arme und klatsche über meinem Kopf in die Hände
und hüpfe dabei wie ein Kasperl herum.
Jetzt schauen Alle.
Dabei rufe ich die selben Worte wieder, versuche aber auch eine gewisse Panik in die Stimme zu legen.
Ich versuche entsprechend so zu kreischen, wie die hysterischen Frauen in den Fernsehfilmen.
Jetzt endlich wird teilweise reagiert, ein Auszubildender, der bei der Freiwilligen Feuerwehr ist,
kommt mit einem Feuerlöscher herbei und wir können mit dem Löschen beginnen.
zwinkern