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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Ein FAZ-Artikel, der mit dem Titel "Studieren mit dem Asperger-Syndrom" daherkomt, befasst sich dann doch großenteils mit "Verhaltenstherapie" und den damit typischerweise verbundenen sinngemäßen Problemursachenzuschreibungen. Immerhin darf der Autist am Ende nochmal kurz eine umgekehrte Überlegung äußern. Die Schaffung von systematischer Barrierefreiheit ist anscheinend wieder kein Thema.

Erklärungen zum Verhalten von Nichtautisten als "Therapie"? Oder wird hier verschwiegen, was dort eigentlich herumtherapiert wird?
Zitat:
In dieser Welt der normalen Menschen findet sich Pengler erst dank einer Therapie zurecht. Die Therapie besucht sie in München, wo sie auch wohnt und studiert. Andere pauken ein paar Wochen lang für die Klausurenphase. Sie hingegen muss neben dem Studium permanent neue Fähigkeiten erwerben, um nur im Alltag bestehen zu können. Besonders empfindlich ist Pengler gegen Lärm und Gerüche. War während der Schulzeit mal wieder ihre Klasse zu laut, erlitt sie wegen der Reizüberflutung einen psychischen Zusammenbruch. Die Mädchen ihrer Klasse quälten sie, indem sie die Fenster schlossen und dichte Parfümschwaden versprühten.

Heute, im Gartenbau-Studium, bekomme sie es höchstens mit dem Körpergeruch der Kommilitonen zu tun. Wie der Duft von Bärlauch oder Stinkender Nieswurz kann ihr Schweißgeruch aber nichts anhaben, weil es ein organischer Geruch ist. Veronika Penglers Abneigung gegen alles Künstliche hat bei ihrer Studienwahl eine wichtige Rolle gespielt. In der Großstadt spüre sie eine extreme Beklemmung, die wie eine graue Wolke auf ihr laste. „Nur in der Natur wird meine Seifenblase groß genug, um andere Menschen hineinzulassen“, sagt sie.

Eine Journalistin hätte sie an diesem Tag trotzdem nicht treffen wollen. Unter Frauen gebe es besonders viele ungeschriebene Regeln, die ihr zu schaffen machten. Ihre Therapeutin hat ihr erklärt, welche Funktionen solche Konventionen jeweils erfüllen, etwa, warum höfliche Komplimente nicht immer ganz aufrichtig sind. Das Beste an diesem Lernprozess ist aber: Pengler muss in der Therapie ihre eigene Wahrnehmung der Dinge nicht aufgeben. Zum Beispiel, warum für sie die Natur eine Kirche ist, wie sie Spazierwege nach der Summe ihrer Bäume auswählt oder warum sie Blaubeeren auf Kreuzungen legt, um sie den Göttern zu opfern – auf all diesen Gedankengängen kommt ihr die Therapeutin so weit entgegen, bis daran nichts Seltsames mehr, sondern nur etwas Radikales ist.

Hartnäckig hält sich der Mythos, dass eine Therapie bei Autismus nicht helfen könne. Das Störungsbild spielt nur eine Nebenrolle im Psychologiestudium und in der anschließenden Ausbildung, später trauen sich dann viele Therapeuten nicht mehr an den Autismus heran. Deshalb gibt es in Deutschland noch immer einen Mangel an Angeboten, besonders für erwachsene Autistinnen und Autisten. 2019 schloss am Max-Planck-Institut eine der wenigen Adressen in München. Jetzt gibt es mit dem Institut VFKV (Verein zur Förderung der klinischen Verhaltenstherapie) eine neue Anlaufstelle, wo sich junge Therapeuten in ihrer Ausbildung sogar auf das Asperger-Syndrom spezialisieren können. Dass die Therapeuten dort, wie sie, noch Anfänger sind, gefällt Veronika Pengler besonders gut.

Die meisten jungen Patienten, die in das Institut kommen, haben davor schon mehrere Fehldiagnosen erhalten und sind lange gegen eine Mauer angerannt. Damit der Asperger-Autismus erkannt wird, muss oft eine Begleiterkrankung hinzutreten; bei Pengler war es das Burnout-Syndrom. Ihre Versuche, sich Gleichaltrigen anzupassen, haben ihr so viel Stress bereitet, dass sie sich letztlich selbst sabotierten. Die Asperger-Symptome nahmen damals nicht ab, sondern zu: „Nach meinem Burnout konnte ich nicht einmal mehr in Gesichter blicken, Gesprächen folgen oder angefasst werden.” Seitdem sei es ihr nicht mehr ganz so wichtig, dazuzugehören. Sie wohnt heute mit ihrem festen Freund zusammen, der sich ebenfalls auf dem Autismus-Spektrum befindet – und der ähnlich gern für sich bleibt.

Pengler versteht mittlerweile auch, was sie zu einer Außenseiterin macht. Sie nimmt Spinnen auf die Hand, aber erschaudert vor den Inhaltsstoffen von Kosmetikprodukten. Nicht jeder Mittzwanziger, der Kosmetika nutzt, möchte von ihr über die Produkte im Detail belehrt werden. Menschen ohne Autismus seien voller Widersprüche, sagt Pengler, sie seien rücksichtslos und achtlos. „Würde sich die normale Welt zur Abwechslung an uns anpassen, wäre das sogar förderlich. Es gäbe dann jedenfalls mehr Ehrlichkeit in der Welt.“

Quelle

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
09.05.21, 11:37:34
Link
[55555]
(Administrator)

Sperrumgehung durch Frozen (aktuell atAspie) hierhin wegverschoben.
09.05.21, 18:38:12
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