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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Das sollten wir uns vielleicht mal in Hinblick auf Übertragung auf unser Thema genauer anschauen:
Zitat:
Den Vertretern der Critical Whiteness zufolge ist es mit Gleichheitspostulaten nicht getan, weil die soziale Realität leider eine andere ist. Obwohl dem Rassekonzept jede wissenschaftliche Basis fehlt, es sich längst als biologisch unsinnig erwiesen hat, müssen wir mit den Termini „weiß“, „schwarz“ und „coloured“ operieren, um die Position, die einem Menschen in der Gesellschaft ob seiner Haut- und Haarfarbe zukommt, adäquat beschreiben zu können. Farbenblindheit ist deshalb keine Lösung, weil der Rassismus eine reale Fiktion darstellt. Oder in den Worten von Colette Guillaumin: „Rasse existiert nicht, doch sie tötet Menschen.“

[...]

Analog zu dieser Perspektive nahm auch die herkömmliche Rassismusforschung lange die Opfer der Ausgrenzung in den Blick, anstatt sich mit den Tätern zu befassen. Die Critical Whiteness, zu deren Pionieren auch Denker der Entkolonialisierung wie Frantz Fanon gezählt werden, veränderte dann die Perspektive. Fortan schaute man nicht mehr auf die marginalisierten Schwarzen, sondern auf die als „normal“ daherkommenden Weißen, die sich ihrer gesellschaftlichen Privilegien häufig nicht einmal bewusst sind.

Denn vom „racial profiling“, von der Diskriminierung auf der Straße, bei der Ausbildungs-, Arbeits- und Wohnungssuche, bekommt der Nutznießer der Herrschaftsverhältnisse selten etwas mit. Ein als „weiß“ wahrgenommener Mensch hat nie erlebt, dass ihm die Unterzeichnung eines Mietvertrags aufgrund der falschen Haut- oder Haarfarbe verweigert wird; dass auf die bloße Nennung des eigenen Namens am Telefon ein Tuten in der Leitung folgt; dass sein Phänotyp den Türsteher eines vermeintlich weltoffenen Großstadtclubs zu einem „du heute leider nicht“ veranlasst. Für einen als weiß markierten Menschen ist die Hautfarbe schlicht unsichtbar, sie spielt im Alltag keine Rolle. Eine Weiße kann mit ihrem ureigenen Antlitz erscheinen, eine Schwarze wird zunächst auf ihre Hautpigmentierung zurückgeworfen und zum Abstraktum gestempelt, bevor man ihr erlaubt, ein Individuum zu sein.

Toni Morrison, eine maßgebliche Begründerin der Critical Whiteness als akademischer Disziplin, hat den Ansatz in ihrem bahnbrechenden Werk „Playing in the Dark“ wie folgt beschrieben: „Mein Projekt ist das Bemühen darum, den kritischen Blick vom rassischen Objekt zum rassischen Subjekt zu wenden; von den Beschriebenen und Imaginierten zu den Beschreibenden und Imaginierenden; von den Dienenden zu den Bedienten.“

Auch wenn die Kritische Weißseinsforschung als ein Konzept erscheine, das ohne die amerikanische Geschichte der Rassentrennung kaum vorstellbar sei, lasse sich der Ansatz auch auf Länder übertragen, in denen die Sklaverei und ihre Folgen keine direkte Rolle spielten und wo eine verhältnismäßig geringe Anzahl von Menschen mit schwarzer Hautfarbe lebten, erklärt die in Bayreuth praktizierende Anglistin und Afrikawissenschaftlerin Susan Arndt: „Rassismus ist ein paneuropäisch-westliches Narrativ mit globaler Wirkung und immenser struktureller Macht. Weißsein ist auf der ganzen Welt eine Währung, an der ökonomische, gesellschaftliche und politische Privilegien hängen.“

[...]

Vollends absurd aber werde es, wenn die Reformelite ihr künstliches Vokabular den Benachteiligten antrage. Spätestens wenn der Hölle des Krieges entkommene Menschen – wie auf besagtem No-Border-Camp geschehen – von weißen Mittelständlern ob der Verwendung „kontaminierter Begriffe“ gemaßregelt werden, und ihnen eingebläut wird, dass sie sich selbst doch bitte nicht als „Flüchtlinge“, sondern als „Geflüchtete“ bezeichnen sollen, hat man das Kind wohl mit dem Bade ausgeschüttet.

Wer die Sprachspiele der Communitys ignoriert, wer dem Ghetto einen sterilen Seminarsprech oktroyiert, wer die Straße zwingt, „People of colour“ zu sagen, (re)produziert laut Tsianos einen kulturarroganten Klassismus und hintertreibt das Projekt, den Geknechteten Gehör zu schenken. Nur diejenigen nämlich, die die Zeit haben, sich das saubere Vokabular in ihren Elfenbeintürmen anzueignen, sind dann moralisch auf der sicheren Seite.

Auch wenn die Critical Whiteness zuweilen absurde Blüten treibt, liefert sie insgesamt ein stabiles Besteck, um Rassismus als Gesellschaftsstruktur auseinanderzunehmen. Demnach reicht es nicht aus, sich selbst als aufgeklärtes Subjekt zu inszenieren, für das Haut- und Haarfarbe, kultureller Background und Religionszugehörigkeit keine Rolle spielen und Rassismus als eine Epidemie des sächsischen Sumpfs auszuweisen.

Quelle

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
17.05.16, 17:32:01
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