Gast
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Hallo Antares,
danke für deine Antwort.
Nun ja, mit welchen Menschen man umgeben ist, bestimmt man ja für gewöhnlich nicht selbst ...
Kennen gelernt habe ich nur eine Kommilitonin, die bei sich Asperger-Autismus vermutet. Aber ich habe sie lange nicht mehr an der Uni gesehen. Ansonsten kenne ich keine Autisten persönlich.
Die Meinung, dass Autismus eine Krankheit sei, habe ich früher vertreten - momentan bin ich da nicht mehr so sicher.
Die grundsätzliche Frage, die sich für mich stellt, ist, ob Integration oder Separation gewünscht ist.
Wir leben nun mal in dieser Gesellschaft. Das ist ja nun mal nicht zu verhindern. Integration funktioniert offensichtlich nicht, wird auch von der Mehrheit nicht gewünscht. Aber Separation ist schwierig, und es scheint mir nicht der richtige Weg zu sein, weil es mich an die Ausgrenzung bestimmter Menschengruppen erinnert (3. Reich, Apartheid).
Ich habe ja zunächst auf Lehramt studiert (ich bin noch im selben Studium, nur jetzt ohne Lehramtsausrichtung), und ein Stichwort, das häufig in den Bildungswissenschaften fiel, ist Inklusion. Aber immer wieder mal liest man, dass Lehrerinnen und/oder Lehrer von der Aufgabe, Inklusion zu verwirklichen, völlig überfordert sind. (Das ist auch kein Wunder, weil es auch diejenigen betrifft, bei denen es noch kein Bestandteil der Ausbildung war.)
Im Internet bin ich eher der Meinung begegnet, dass Autisten ausgerottet werden müssten, als dass sie umerzogen werden müssten. Aber beides kann problematisch sein, denke ich.
Bei mir hieß es eher "Hilfe", und einiges davon (z. B. Betreutes Wohnen) habe ich ja selbst beantragt. Da geht es weniger um Umerziehung, sondern eher darum, ein selbstständiges Leben zu verwirklichen. Auch in meiner Therapie habe ich den Fokus selten auf Sozialkontakte gelegt, weil mir andere Dinge zunächst wichtiger schienen. (Dazu braucht man natürlich eine Therapeutin oder einen Therapeuten, der das versteht und akzeptiert. Es hat schon seinen Grund, dass ich meine Therapie nicht dort gemacht habe, wo ich die Diagnose bekam. Ich kann mir vorstellen, dass es da auch mal passieren kann, dass man an den/die Falsche/n gerät.)
Ich esse zwar grundsätzlich Fleisch, habe mich aber immer mal wieder für die vegetarische Variante entschieden (weil ich weniger Fleisch essen wollte; nicht um zu irgendeiner Gruppe zu gehören). Dennoch sehe ich Fleischkonsum kritisch. Und jetzt, wo soll ich hingehen? Zum Metzger, um mir ein schönes saftiges Steak zu holen? Oder den Veganern beim leckeren Frühstück beiwohnen? Für mich klingt halt beides ganz gut. Da ja aber Stereotypen gewünscht sind, würde man mich in beiden Gruppen für einen Verräter halten, wenn ich auch zur anderen gehe.
Interessant auch, dass du dieses Beispiel bringst. Es gab in meiner Klasse nämlich eine, die sich bei so einer Art Berufserkundungstag bewusst als Vegetarierin der Gruppe anschloss, die sich mit der Wurstherstellung beschäftigte (und auch dabei half). Sie wollte halt lernen, wie das so ist, wie es gemacht wird, ob es vielleicht doch etwas Positives dran gibt usw.
Über den Vergleich zur Homosexualität, der ja wirklich alles andere als abwegig ist (wurde früher als Krankheit gesehen, jetzt nicht mehr), zu argumentieren, hatte ich auch schon versucht. Das lief aber leider erfolglos.
"Kein Autist mehr sein" - ist die Frage, ob das geht. Es gilt ja als völlig unheilbar. Andererseits habe ich immer wieder mal von "Heilerfolgen" im Internet gelesen, oder davon, dass es jemandem gelungen wäre, den "Autismus zu überwinden". Hat wohl auch sehr viel damit zu tun, ob man diese Eigenschaft an sich selbst akzeptiert oder ablehnt.
Hm, ich kann nicht gut lügen - und schon die zwei kleinen Notlügen (öfter habe ich in meinem Leben nicht gelogen) belasten mich sehr, obwohl ich zu beiden Frauen, denen zuliebe ich diese Notlügen getätigt habe, keinen Kontakt mehr habe.
Die eine habe ich ja schon erwähnt.
Die andere war wirklich eine Kleinigkeit. Es war unser erstes und einziges Date. Wir hatten halt im Bett im Gästezimmer Spaß zusammen (keinen G.verkehr, aber man kam sich körperlich näher), aber ihre Eltern waren sehr konservativ und sie sagte, sie mögen das wohl nicht, wenn "Fremde" ... na ja, jedenfalls sagte ich dann halt das, was sie vorschlug, wir hätten uns so lange noch "unterhalten" - eigentlich noch nicht mal eine richtige Lüge, schließlich war es sehr unterhaltsam mit ihr. Trotzdem werde ich diese Notlüge ebensowenig vergessen wie sie. Ohne diese ganzen gesellschaftlichen Konventionen hätte man einfach sagen können, dass man sehr lange sehr viel Spaß miteinander gehabt hat. Aber das ging ja nicht.
Da ich noch unerfahren war, habe ich auch vor jeder Berührung nachgefragt, ob ich das dürfe. So wurde es schließlich in Bezug auf "sexuelle Belästigung" erlernt: man soll die Frau immer fragen, bevor man sie berührt. Irgendwann regte sie sich dann aber darüber auf, dass ich ständig fragen würde, und sagte, ich solle doch einfach mal machen. Ich finde es sehr schwierig, beim Kennenlernen eines Mädchens (passt eher für damalige Verhältnisse, sie war 17, ich 19 - acht Jahre her, und sie geht mir immer noch nicht aus dem Kopf, obwohl es nur zwei Tage waren) oder einer Frau keinen Fehler zu machen. Zu dem Zeitpunkt wusste ich übrigens von meinem Asperger-Autismus noch nichts.
Daher, nun ja, mein Leben lief relativ normal, Abi an einer Regelschule (staatliches Gymnasium) gemacht. Mir fiel es lange nicht auf, dass ich anders bin als die anderen.
Insofern fand ich mich ja immer "normal". Dann kam die Diagnose (auch erwünscht von mir) und seitdem scheint alles viel schwieriger zu werden. Überlegt euch das gut, an alle, die Autismus bei sich vermuten und eine Diagnose wünschen, ob ihr das wirklich machen wollt oder braucht (ich selbst brauche sie leider tatsächlich, z. B. als Nachweis auf Anspruch auf Nachteilsausgleiche beim Studium).
Nun, wie erwähnt, ich kann nicht gut lügen - bin andererseits aber mit meiner Ehrlichkeit schon oft auf die Schnauze gefallen.
Sollte ich es lernen? Oder lieber lassen und zu meiner Meinung stehen?
Wie verhalte ich mich in Gesprächen zu Themen, die ich interessant finde, zu denen ich aber keine feste Meinung habe? Wobei, eigentlich laufen gerade die meistens ganz gut, weil man als Neutraler beide Argumentationslinien darstellen kann (was ja auch in meinem Studium - Spanisch und Philosophie - gelehrt wird).
Ich hoffe, dass ich damit gut genug auf deinen Beitrag eingegangen bin. Wenn nicht, frag einfach noch mal nach.
Lieben Gruß,
ein anonymer Gast (derselbe wie auch in den vorigen Beiträgen)
P.S.: Es gab hier mal die Regelung, dass man auch als Gast mit einem Nutzernamen "unterschreiben" soll, damit Beiträge zugeordnet werden können. Gilt das noch? Ich hoffe, es ist auch so ersichtlich, welche Beiträge von mir und welche von anderen Gästen stammen.
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