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Autor Nachricht
55555
(Fettnäpfchendetektor)

In vielen Schriften zum Thema scheint das Reichsschulpflichtgesetz von 1938 nicht vorzukommen:
Zitat:
§ 6. Schulpflicht geistig und körperlich behinderter Kinder. (1) Für Kinder, die wegen geistiger Schwäche oder wegen körperlicher Mängel dem allgemeinen Bildungsweg der Volksschule nicht oder nicht mit genügendem Erfolge zu folgen vermögen, besteht die Pflicht zum Besuch der für sie geeigneten Sonderschulen oder des für sie geeigneten Sonderunterrichts (Hilfsschulen, Schulen für Krüppel, Blinde, Taubstumme u.ä.).

Quelle

Sollte die Erstverwendung des deutschen Begriffs "behindert"/"Behinderung" in Bezug auf eine Personengruppe tatsächlich in die Nazizeit fallen? Kennt jemand Quellen, die eine Verwendung vor dieser Zeit belegen? Hinweise darauf habe ich gefunden, nur bisher leider sehr vage.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
13.08.10, 13:27:31
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Fundevogel
(Angehörigenbereich)

Ich könnte mir vorstellen, dass das Rentenversicherungsrecht von 1879 dazu etwas enthält, kann aber keinen Text im Internet finden.

Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. (Johannes 8.12).
Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es denn allen, die im Hause sind. (Markus 4.21) (Lukas 8.16)
13.08.10, 23:45:20
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

geändert von: 55555 - 14.08.10, 14:19:18

Interessant ist auf jeden Fall das Reichsgesetz betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung vom 22. Juni 1889:
Zitat:
Für jeden Vertreter sind ein erster und zweiter Ersatzmann zu wählen, welche denselben in Behinderungsfällen zu ersetzen und im Falle des Ausscheidens für den Rest der Wahlperiode in der Reihenfolge ihrer Wahl einzutreten haben.

Zitat:
§. 57.
Den Vorsitz im Ausschusse führt bis zur Genehmigung des Statuts der Vorsitzende des Vorstandes der Versicherungsanstalt. Derselbe beruft die Mitglieder des Ausschusses. Für diejenigen Mitglieder, welche am Erscheinen behindert sind und dies dem Vorsitzenden des Vorstandes rechtzeitig mittheilen, sind die Ersatzmänner zu laden.

Zitat:
§. 62. Unbehinderte Ausübung der Funktionen.
Die Vertreter der Versicherten haben in jedem Falle, in welchem sie zur Wahrnehmung ihrer Obliegenheiten berufen werden, die Arbeitgeber hiervon in Kenntniß zu setzen, widrigenfalls ihnen die im §. 58 vorgesehenen Entschädigungen versagt werden können.

Zitat:
Der Vorsitzende wird aus der Zahl der öffentlichen Beamten von der Zentralbehörde des Bundesstaates, in welchem der Sitz des Schiedsgerichts belegen ist, ernannt. Für den Vorsitzenden ist in gleicher Weise ein Stellvertreter zu ernennen, welcher ihn in Behinderungsfällen vertritt.

Quelle

Das legt für mich nahe, daß der Begriff "behindert" bei den Nazis allgemeiner gemeint gewesen sein könnte als wir aus heutiger Sicht zu meinen geneigt sind.

Edit: Den Zusammenhang finde ich interessant, weil damals offenbar noch nicht ansatzweise denkbar schien, daß "behindert" im Zusammenhang mit Invalidenthemen ganz anders verstanden werden könnte. Ich sehe diese Fundstellen als Hinweis dafür, daß die Autoren nicht im Traum daran dachten den Begriff im heutigen Sinne zu verwenden. Spannend wäre jetzt vielleicht noch zu schauen, wann der allgemeine Gebrauch in diesem dortigen Sinne erlosch. Heute würden man "behindert" wohl kaum noch so verwenden wie in diesem Gesetz.

Edit2: Eine weitere spätere Quelle:
Zitat:
(1) Die Sondergerichte entscheiden in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern. Für jedes Mitglied ist für den Fall seiner Behinderung ein Vertreter zu bestellen.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
14.08.10, 10:49:13
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feder
(Autistenbereich)

geändert von: feder - 14.08.10, 15:58:41

Reichsbund der Körperbehinderten (1920er Jahre) (Bis zum Flugblatt runterscrollen)

Auch interessant könnte hier die Liste der Schriften sein.
14.08.10, 15:38:26
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Fundevogel
(Angehörigenbereich)

Vielleicht lässt sich auch beim Versicherungsjurist der Prager Arbeiter-Unfall-Versicherungsgesellschaft Franz Kafka in "Amtliche Schriften" etwas darüber finden?

Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. (Johannes 8.12).
Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es denn allen, die im Hause sind. (Markus 4.21) (Lukas 8.16)
14.08.10, 16:48:01
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Mit dem Flugblatt sollte die Frage nach der Ersterwähnung in der Nazizeit geklärt sein: Der Begriff ist älter und das sogar als Selbstbezeichnung.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
14.08.10, 16:55:28
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Habe auch noch was erfahren:

- Ein "Bund zur Förderung der Selbsthilfe der Körperbehinderten" wurde 1919 in Berlin Zehlendorf gegründet und 1924 in "Selbsthilfebund der
Körperbehinderten" (Otto-Perl-Bund) umbenannt.
- 1931 löste sich dieser Bund auf, zeitgleich erfolgte die Gründung des "Reichsbundes der Körperbehinderten", deren Vereinsblatt "Der Körperbehinderte" hieß.

Quelle: Petra Fuchs: "Körperbehinderte" zwischen Selbstaufgabe und Emanzipation

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
16.08.10, 12:20:30
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