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Autor Nachricht
BlauesBuch
(...rubato, giosco, crescendo...)

geändert von: BlauesBuch - 09.06.10, 17:58:03

Gerade habe ich mir den Thread im Autisten-Zoo zu Musiktherapie durchgelesen und es scheint, als haltet ihr nichts davon.

Darf ich fragen warum?

Ist es der Begriff der "Therapie" der so abschreckt, da er suggeriert, etwas "heilen" zu wollen, obwohl auch nur schon die Änderung des Umfeldes Besserung für den Betroffenen schaffen würde?
Fühlt ihr euch gedemütigt oder nicht respektiert, da man eine Änderung von euch erwartet und nicht von Seiten des Umfeldes?
Im Autismus-Lexikon für Nichtautisten habt ihr ja auch schon viel dazu verfasst, aber mich würden eben zusätzlich persönliche Meinungen oder Erfahrungen diesbezüglich interessieren.
Hat jemand von euch selbst schonmal Erfahrungen mit Therapie, besonders Musiktherapie, gemacht?

Was sind sonst noch Gründe für das Ablehnen ?


09.06.10, 17:40:15
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zoccoly
(Autistenbereich)

geändert von: zoccoly - 09.06.10, 19:02:01

Zitat von BlauesBuch:

Ist es der Begriff der "Therapie" der so abschreckt, da er suggeriert, etwas "heilen" zu wollen, obwohl auch nur schon die Änderung des Umfeldes Besserung für den Betroffenen schaffen würde?


Ich kann doch nur etwas therapieren, wenn etwas nicht stimmt und sich durch die Therapie Linderung oder Heilung für den Betroffenen einstellt, das setzt doch aber voraus, dass einer krank ist.
Ehrlich, ich wüsste nicht, was bei mir nicht stimmen sollte. Das andere anders sind, veranlasst mich nicht, ihnen dringend eine Therapie zu empfehlen.
Wenn ich Musik mag, werde ich mich damit beschäftigen, wenn nicht, dann nicht, dann mach ich das, was mich interessiert.
So funktioniert es doch bei NA auch, oder etwa nicht?




stillgelegt
09.06.10, 18:58:02
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starke Dame
(Angehörigenbereich)

@BlauesBuch,

was soll denn therapiert werden?

Ich habe Kinder bekommen und beschäftige mich mit ihnen. Wir füllen unseren Tag mit Erlebnissen.

Was sollen wir mit Therapeuten? Am besten sollten wir noch mit dem ATZ zusammen arbeiten und meinem Kind eine spezielle Autismustherapie zukommen lassen?

Nein, mein Sohn bleibt so wie er ist, er entwickelt sich. Obwohl der Kindergarten mit ihm nicht klar kommt und er außer eine Logopädin und eine Heilpädagogin niemanden externen hat, der sich um seine Entwicklung kümmert, macht er super Fortschritte.

Ich muss zugeben, dass ich die 2 Std. die Woche nur als Auszeit betrachte, wenn ich die nicht haben wollen würde, käme er dort auch nicht hin.

Die Psychologin von der KJP ist auf jeden Fall mit mir einer Meinung, er braucht keine weitere Förderung, da durch sein Elternhaus einiges abgedeckt ist, das er weiter kommen kann.

Ich denke Musik ist ein wichtiges Hobby, mein Sohn hat unzählige Instrumente, wenn er etwas weiter ist, werden wir dort auch sehen was ihn interessiert. Er kann dann gerne bei einer Privatlehrerin ein Instrument seiner Wahl lernen, aber direkt es als Therapie zu verkaufen, welche am besten noch Ziele verfolgt, ist nicht mein Bestreben.

Es ist in der Natur des Menschen sich zu entwickeln. Autisten entwickeln sich normal, würden wir bei ihnen die Dinge berücksichtigen, die sie besser können, kann ich noch nicht einmal bemerkenswerte Nachteile feststellen.

Mein Sohn hat mit anderen Menschen zu tun, dass er lernt mit anderen außer uns umzugehen. Er kann sich mitteilen, er kann logisch denken und kommt zurecht und vermißt nichts. Ich wüßte nicht warum ich ihn in seiner Entwicklung hemmen sollte, mit TEACCH oder ABA, das vielleicht kurzfristige Fortschritte zeigt, die dann als Therapieerfolg dargestellt werden aber langfristig aus ihm eine leere Hülle machen?

Nein, es gibt mitlerweile so viele Denkanstöße, dass Autisten lernfähig sind, dass sie in einer adäquaten Umgebung sich auf den Schulstoff oder einfach auf das Leben vorbereiten und aktiv lernen. Nur eine inadäquate Umgebung macht aus einen Autisten einen Menschen mit autistischen Verhaltensweisen, dass er brüllt, sich verletzt und kreischt. Ich denke nicht das es hierbei um Therapien gehen sollte, sondern einfach darum, dass es wahrscheinlich für alle Kinder besser laufen würde, wenn wir eine freundlichere Umgebung in Kindergärten und Schulen schaffen würden.

Ich denke im Moment gibt es viele Opfer in dieser Hauruck-Gesellschaft, nach dem Motto, "Friß oder stirb".

Autisten sind nicht behindert, sie werden behindert, in ihrem Denken und Leben.
09.06.10, 19:42:46
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat von BlauesBuch:
Ist es der Begriff der "Therapie" der so abschreckt, da er suggeriert, etwas "heilen" zu wollen, obwohl auch nur schon die Änderung des Umfeldes Besserung für den Betroffenen schaffen würde?

Ja, aber was heißt "auch nur"? Das ist vor allem entscheidend.
Zitat:
Fühlt ihr euch gedemütigt oder nicht respektiert, da man eine Änderung von euch erwartet und nicht von Seiten des Umfeldes?

Nein, es geht darum, daß durch diese Herangehensweise, nicht nur die reine Wortwahl, viele Menschen zu falschem Verhalten animiert werden, das eine allgemeine und große Gefahr für viele Autisten darstellt. Es ist nicht günstig, wenn aufgrund falscher Annahmen gehandelt wird.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
09.06.10, 23:08:01
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Fundevogel
(Angehörigenbereich)

Blaues Buch: Ich möchte dir an einem anderen Beispiel zeigen, wie distanziert Therapiewürdigkeit betrachtet werden sollte:

Zitat Wikipedia:
Die Distanzlosigkeit oder Abstandslosigkeit bezeichnet eine Charakteristik eines spezifisch sozialen Kontaktverhaltens, sie kann unter anderem Symptom einer manischen Störung oder Persönlichkeitsstörung sein. Im einzelnen wird sie durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

Kontaktsuche ohne kritische Beurteilung von sozialer Erwünschtheit, sozialer Nähe und sozialen Strukturen
Einsatz von Kommunikationsformen, die der eigenen sozialen Stellung zum Partner nicht angemessen sind
Erzwingen von sozialen Interaktionen trotz Zurückweisungen
Verletzen der Intimsphäre des anderen.

Nach diesen Kriterien müssten eine ganze Menge Menschen therapiert werden:
Öffentlichkeitsarbeiter, Werbefachleute, Journalisten, Ärzte, Therapeuten, Erzieher, Sozialarbeiter, Zuhälter, Belegschaften von Telefongesellschaften und Callcentern und und und

Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. (Johannes 8.12).
Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es denn allen, die im Hause sind. (Markus 4.21) (Lukas 8.16)
09.06.10, 23:38:50
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drvaust
(stillgelegt)

Eine Autismus-Therapie gibt es nicht und kann es nicht geben.
Gute Therapien gegen verschiedene Probleme gibt es, aber diese müssen die Richtigen sein, und das Umfeld muß geeignet sein.
Nicht 'Viel hilft viel' oder 'irgend etwas wird es schon bringen'.
Oft findet man die Einstellung: 'Da stimmt etwas nicht, also machen wir mal eine Therapie.' Wenn das nicht hilft, eine andere Therapie.
Viele falsche Therapien sind, besonders für Kinder, schädlich. Dem Kind wird signalisiert 'du mußt anders werden, bist nicht richtig'. Außerdem sind Therapien, mehr oder weniger, belastend, stressend usw.. Das kann, ohne zu nutzen, insgesamt den Zustand verschlechtern.
Ich hatte, u.a., als Kind therapeutisches Turnen. Vielleicht wäre das aus orthopädischer Sicht gut gewesen, aber für mich war das sehr belastend. Ich konnte nicht richtig und wurde oft von Fremden angefaßt. Dem entkam ich schnell durch Verweigerung.
Als Kind mußte ich zu einer Kur, wegen chronischer Bronchitis. Ich wollte nicht, entkam dem aber nicht. Diese Kur hat bei mir psychische Schäden verursacht. Die chronische Bronchitis wurde zwar besser, aber der Preis war hoch.
Musiktherapie hatte ich im Rahmen stationärer Psychotherapie (da war ich als Erwachsener freiwillig). Die hat mir nichts gebracht, war aber nicht schlecht. Anderen hat die Musiktherapie etwas, vereinzelt sogar viel, gebracht.
10.06.10, 02:34:15
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Morticia
(Autistenbereich)

Zitat von drvaust:
Musiktherapie hatte ich im Rahmen stationärer Psychotherapie (da war ich als Erwachsener freiwillig). Die hat mir nichts gebracht, war aber nicht schlecht. Anderen hat die Musiktherapie etwas, vereinzelt sogar viel, gebracht.

Was hat die Musiktherapie den Anderen gebracht? Was wird in einer Musiktherapie gemacht?
10.06.10, 02:45:34
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drvaust
(stillgelegt)

Zitat von Morticia:
Was hat die Musiktherapie den Anderen gebracht? Was wird in einer Musiktherapie gemacht?
Eine Erklärung findest Du z.B. hier.
Ich kenne nur die aktive Musiktherapie mit Gruppen.
Da geht es vor allem um das sich musikalisch (nonverbal) ausdrücken, gemeinsam abgestimmt musizieren u.ä..
Einige konnten dadurch ihre Stimmung ausdrücken, die sie nicht anders ausdrücken konnten.
Gemeinsam musizieren ist ein besonderes Erlebnis, das nicht jeder kennt.
Manche vergasen dabei ihre Beherrschung (Verklemmung).
Einige fanden dadurch eine neue Ausdrucksform.
Wobei solche Musiktherapie oft keine wohlklingende Musik ist, mehr Klimpern und Klappern. zwinkern
10.06.10, 03:33:00
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Diese anderen waren Autisten?

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
10.06.10, 11:05:21
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drvaust
(stillgelegt)

55555, meinst Du mich?

Die Anderen vermutlich nicht, aber damals hatte ich kaum Ahnung von Autismus.
Vielleicht Eine etwas.
Das war eine bunte Mischung, mit verschiedenen Neurosen.

11.06.10, 01:20:30
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Ja, das meinte ich. Nicht daß hier jemand sich zusammenreimt es wären Autisten gewesen und es war gar nicht so.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
11.06.10, 07:15:01
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jrottl
(Standard)

geändert von: jrottl - 12.06.10, 15:28:42

Therapie ist niemals Heilung! Eine Therapie zeigt einem lediglich einen Weg mit einer Erkrankung oder Sucht umzugehen, jedoch wird damit die Krankheit oder Sucht nicht geheilt! Musik wirkt zwar entspannend, zumindest kann sie das, wenn es sich um die richte Musikrichtung handelt und der zu Therapierende sich auf diese Art der Therapatie einlässt. Zudem ist Autismus keine Krankheit! Sondern eine variable Form der Wahrnehmungsstörung. Sie kann stark variieren und ist von Betroffenen zu Betroffenen völlig indifiduell ausgeprägt.

Gruß
Jürgen
12.06.10, 15:27:50
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