haggard
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mich beschäftigt eher, was sprache mit dem denken anstellt. um "sprachlich" zu denken, muss im resultat sprache entstehen, was eine belastung sein kann. denn das ursprüngliche denken erfolgt - zumindest meinerseits - ganz anders. ohne sprache in diesem sinne. wenn sprache so etwas wäre wie 2D, wäre mein denken quasi so etwas wie 6D (das ist jetzt willkürlich, weil ich keine lust habe, akut über dimensionen nachzuforschen). wie soll adäquat etwas, das in 6D besteht in 2D "komprimiert" werden, ohne "datenverlust"? selbst bei einer transformation von 2D zu 2D gehen inhalte verloren (siehe übersetzungen englisch-deutsch und umgekehrt, oder gar chinesisch-deutsch etc.). ebenso besteht meinerseits für etliche begriffe kein äquivalent in meiner denkweise. manche begriffe können verknüpft werden, doch meist haben sie mit wahrnehmung zu tun. "schäumen" ist zwar abstrakt, kann jedoch verknüpft werden wie andere vokabeln. dabei geschehen auch witzige dinge, denn wenn andere begriffe besser zur wahrnehmung passen, "erscheinen" sie zuerst. wird also eine pfütze gesehen, ist das keine pfütze, sondern "puddle" und wenn etwas glatt, durchsichtig ist und blendet - besteht dafür das chinesische symbol.
all das behindert jedoch die "wortfindung", wenn gesprochen werden soll oder schnell etwas geschrieben. im umgekehrten fall kann das jedoch stärker zu verwirrung führen, insbesondere, wenn begriffe mit anderen wahrnehmungen verbunden sind. beispielsweise "incapable" = "unfassbar", was falsch ist.
es führt dazu, dass ich zwar englische texte gut lesen und begreifen kann - wenn ich sie übersetzen soll, dauert das extrem lange und suche nach den richtigen worten.
so kann es auch im deutschen sein. zurückgegriffen wird dabei oft auf satzkonstellationen, die ich entweder schon sehr oft schrieb, gelesen oder gehört hatte. im prinzip ist das echolalie in verbundener form. freilich könnte man meinen, die sprache, die alle menschen benutzen, baut sich auf echolalie auf. dennoch scheinen die meisten sie frei zu verwenden - nicht mehr oder minder bewusst gekoppelt an bereits geäußerte, gelesene oder gehörte worte/wortkombinationen. sehr vertraute menschen geben an, dass sie bei mir irgendwie sehen könnten, wenn ich etwas äußern will, dieses jedoch irgendeine "schranke" nicht überwinden kann. während des sprechens ist es häufiger so, dass quasi mein kosmos an gedanken hinforttrabt, die sprache mit der übersetzung hinterherhinkt, gleichzeitig manchmal gehört wird, welcher satz-/oder wortsalat geäußert wird - und im sprechen plötzlich nach totalen verdrehungen ein ende erfolgt.
synästhetiker können schwierigkeiten mit sprachumsetzungen haben, ebenso legastheniker. die frage wäre, ob sie alle anders denken (nicht in sprache). wenn dem so wäre, müssten sie umbenannt werden in bilderdenker oder dergleichen und die anderen in sprachdenker. während sprachdenker in ihrer geschaffenen welt keine oder kaum probleme mit sprache besitzen, müssen die anderen transformationsleistungen vollbringen um den gleichen ergebnisstand wie die anderen zu erreichen.
allgemein wird in dieser gesellschaft jedoch nicht "gesehen", welche leistungen einzelne menschen ggf. vollbringen müssen um so zu erscheinen als ob sie in sämtlichen bereichen "normal" funktionieren würden.
das bilderdenken hat meiner meinung nach nicht vorwiegend etwas mit autisten zu tun, wenn "autismus" nichts anderes als die summe gewisser eigenschaften und ausprägung von qualitäten ist, die variieren kann - sei es bezogen auf die jeweilige persönlichkeit oder in abhängigkeit äußerer faktoren, die immer in wechselbeziehung mit einem individuum stehen, egal wie sehr fachwelten derartiges nicht zur kenntnis nehmen wollen.
bezüglich des erwähnten sozialverhaltens:
ich bin davon überzeugt, dass das leben an sich friedlich(er) wäre, würde die sprachebene in dieser komplexität nicht vollzogen.
dafür müssen noch nicht einmal indianer herangezogen werden. es genügt eigentlich der blick in einen zug, in dem sich menschen befinden, die still auf ihren plätzen sitzen und irgendwer beginnt zu pöbeln. anstatt dass alle anfangen zu pöbeln, bleiben die meisten so still wie zuvor.
jetzt könnte man überlegen, ob das sprachdenken zu irgendwelchen komischen abhängigkeiten führt, die ein einschreiten in notsituationen verhindert. wenn in eskalierenden situationen menschen einschritten, waren das meist stille menschen, die allein durch ihre herausgehobene präsenz (nicht mehr still sitzen bleiben) bestrebt waren, eine änderung auszulösen. was würde ein pöbelnder mensch tun, wenn die gesamten passagiere eines waggons geschlossen aufstehen würden?
jedoch ist es mit dem nicht in sprache denken und der vielen fehlenden äquivalente so, dass ich oft gezwungen bin, direkt mich irgendwie mit sprache zu beschäftigen, was über eindrücke abläuft (worte hell oder dunkel/viele ober- oder unterlängen, kürze/länge eines wortes/satzes etc.), bis über einen derartig bildlichen eindruck, sich das wort herausbildet/identifizierbar wird. dadurch wird in diesem moment meine natürliche denkweise blockiert/behindert. das ist so ähnlich wahrscheinlich wie bei linkshändern, die rechts schreiben sollen oder auch beidhändern, die sich auf eine seite konzentrieren sollen, weil ihnen angeblich eine lateralität fehle.
ferner gehe ich davon aus, dass zunächst alle menschen ganz anders dachten. nicht in sprache, weil sprache kein bestandteil sein konnte in diesem sinne. (vermutlich). allerdings würde bei den meisten die sprache mit dem damit verbundenen denken ihre natürliche denkweise "vertreiben". bei anderen hält sich das natürliche vielleicht länger oder wird kaum/gar nicht mit sprache verbunden.
mit menschlicher sprache werden sehr abstrakte dinge kommuniziert. die säugetiere, bei denen wissenschaftler mittlerweile sprache identifiziert haben, sind noch nicht einmal affen. sie verwenden bestimmte, differenzierte pfeif-/warnlaute für greifvögel und schlangen. ebenso verwenden vögel bestimmte, differenzierte laute/lautfolgen, die sich je nach situation unterscheiden. alles kommuniziert und lautsprache als worte, die eine größere masse erkennen kann, ist anerzogen. ich unterscheide diesbezüglich nicht zwischen mensch und tier. menschen sind für mich grundsätzlich tiere. die frage hierbei wäre nur, inwieweit "tierische" kommunikation abstrakte ausmaße wie beim menschen besitzt.
doch über die sprachanwendung scheinen natürliche bestandteile verdrängt zu werden. warum verstehen eltern autistisches verhalten nicht? elfenohr schrieb an anderer stelle, dass erwachsene quasi nicht mehr "richtig" verstehen könnten. ferner konnte ich in meinem umfeld beobachten, dass erwachsene, die kinder verstehen können, nicht besonders ernst genommen werden von anderen erwachsenen. als würde irgendeine stillschweigende etikette verletzt worden sein. weder meine eltern vermittelten im allgemeinen, dass lautsprache das höchste an entwicklung sei, noch die grundschule. erst in einer berufsschule wurde der mensch bezüglich denkleistungen/sprache als das höchste der schöpfung dargestellt.
über eine bestimmte dokumentation über teilweise nonverbale autisten äußerten sich viele menschen quasi begeistert. im grunde äußerte sich niemand darüber erschüttert. die meisten menschen scheinen oberflächlich abgehoben zu sein und unempfänglich für tiefere ebenen.
stenographie ist für mich wie chinesisch: bilder, durchsetzt von klang - höhen, tiefen, längen und kürzen werden symbolisch dargestellt. deutsch an sich dagegen ist einfach nur gruselig.
stenographie ist universaler als deutsch an sich, wenn man will. besitzt mehr ähnlichkeit mit der gebärdensprache, die länderabhängig "dialekte" besitzt. so verstehe ich das.
durch die anwendung von stenographie kommen in der langschrift auch lustige fehler vor, denn in der kurzschrift können mehrere worte zu einem symbol verbunden werden - beispielweise "noch nicht". in der langschrift kommt bei mir dadurch oft "nocht" heraus.
sprache finde ich zwar interessant, insgesamt jedoch ist sie mir zu kompliziert und bereitet mir mehr probleme als dass sie welche minimiert.
auch ohne sprache im denken bin ich überzeugt davon, dass für gewisse probleme auch lösungen entwickelt/erdacht werden können, selbst wenn mathematisches unverständnis oder "sprachlosigkeit" besteht. meiner ansicht nach ist es vollkommen unerheblich, ob jemand das, was er verstanden hat, in worte verpacken kann oder nicht.
andere menschen werden kaum danach gefragt, ob sie etwas verstanden hätten. ich werde nicht nur danach gefragt, ich soll auch noch erklären können, was ich verstanden habe, weil es wohl oft den anschein hat, als wäre ich irdisch nicht verhaftet oder wie auch immer. würde ich meine bildergedanken erklären können, gälte ich wohl als wahnsinnig.**
zu deinen eigentlichen fragen:
sprache behindert mein denken, davon abgesehen beeinflusst sprache mein denken nicht.
jedoch gehe ich nicht davon aus, dass das denken das anderssein ausmacht, da es sich auf einer gänzlich anderen ebene abspielt als beispielsweise wahrnehmung, wenngleich im denken inhalte von wahrnehmung enthalten sein können/sind. mich faszinieren träume. ganz selten nur werden im schlaf äußere oder innere reize traumsymbolisch verarbeitet. vieles andere existiert in dieser weise in der wachen zeit nicht so, wie es geträumt werden kann. woher kommt das? vom denken? von der wahrnehmung? keine ahnung.
meine art der wahrnehmung wird von der intensität äußerer reize beeinflusst.
wären meine nerven irgendwie geschädigt, würde auch dieses einfluss auf meine wahrnehmung besitzen.
dennoch ist meine wahrnehmung irgendwie verschoben. neulich in einem film wurde nach einem magenknurren geäußert, dass der charakter hunger hätte. so etwas kommt bei mir auch manchmal vor - an hunger denke ich nicht und hunger empfinde ich nicht. mich stört das geräusch. die bemerkungen anderer menschen, ich solle etwas essen, weil ich offenkundig hunger hätte, fand ich blöd. die anderen menschen sind nicht ich - was wissen sie also über mich, das ich nicht weiß? die selbstwahrnehmung kann manches mal erheblich von der außenwahrnehmung anderer abweichen. ob das gut oder schlecht ist, weiß ich nicht.
**in diesem sinne verhält es sich wohl so, dass autisten, äußerlich betrachtet anderen menschen wohl als seltsam auffallen, wenn sie jedoch so frei wie hier mitunter über ihre inneren ansichten kommunizieren, sind sie verrückt... (andere menschen sind wahrscheinlich ebenso verrückt, aber irgendetwas hält sie davon ab, offen zu kommunizieren).
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