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Thema: Denken und Sprache (http://autismus.ra.unen.de.auties.net/topic.php?id=3711)


Geschrieben von: 55555 am: 07.04.10, 11:42:21
Zitat von azrael:
wenn sprache so etwas wäre wie 2D, wäre mein denken quasi so etwas wie 6D (das ist jetzt willkürlich, weil ich keine lust habe, akut über dimensionen nachzuforschen). wie soll adäquat etwas, das in 6D besteht in 2D "komprimiert" werden, ohne "datenverlust"?

Wie definierst du denn Sprache, daß dein Denken nur wegen größerer Komplexität (?) dann keine Sprache mehr wäre? Sprache scheint mir alles zu sein, was mit Erlebnissen in symbolhafter Art umgeht. Bilderdenken wäre demnach auch Sprache, sofern Konkretes in nicht direkt erlebte Zusammenhänge abstrahiert wird. Wenn wir an einer Straße stehen, die wir bisher nicht kennen wäre die Frage, ob es ohne gewisse Abstraktion möglich wäre in dieser Begebenheit das Muster "Straße" zu erkennen und in der Folge entsprechende Schlußfolgerungen zu ziehen (schauen, ob ein Auto kommt).

Solche Muster erkennen viele Lebewesen, auch Pflanzen und ich denke man kann insofern sagen, daß sie Sprache besitzen. Sprache zu besitzen ist offensichtlich nicht gleichbedeutend damit sich auch mitteilen zu können, wenn es wohl auch erheblichen Einfluß auf die Entwicklung von Sprache an als kulturelles Gemeingut ausübt.
Zitat von feder:
Die mir bekannten zeitgenössischen Sprachen erscheinen mir allgemein sehr stark vereinfacht in Bezug auf Ausdrucksmöglichkeiten.

Sprache spiegelt Bedürfnisse wider, Prioritäten der Aufmerksamkeit. Bei Sprachen mit Mitteilungsfunktion zwischen Lebewesen verschieben sich die Begriffe und Sprachstrukturen nach dem Bedarf einer größeren Anzahl von Teilnehmern der Sprachgemeinschaft. Recht bekannt ist ja, daß "Eskimos" viele verschiedene Begriffe für Schnee in diversen abweichenden Zuständen besitzen. Ich befürchte daher, daß die Beobachtung vor allem Rückschlüsse auf die Mitteilungswünsche vieler Sprecher innerhalb der Sprachgemeinschaft widerspiegelt. Eine autistische Sprache wäre da vielleicht anders?


Geschrieben von: Paula am: 07.04.10, 11:44:00
Zitat von feder:
Lösungen für komplexe Probleme zu finden, geht meines Erachtens auch nichtsprachlich.


Ja, das stimmt meiner Meinung nach. Aber wie soll ich diese Lösung meinen Mitmenschen mitteilen ohne Sprache?

LG
Paula


Geschrieben von: Hans am: 07.04.10, 13:07:03
Ich kann die räumlichkeit meiner Gedanken beim Erzählen mit den Händen noch verdeutlichen,
aber wirklich genau verstanden werde ich kaum.
Über ein Fernsprechmedium sind dann die Hände nicht zu sehen
und ich werde noch weniger verstanden.
So bemühe ich mich um eine möglichst "anschauliche" Sprache
und beschreibe und umschreibe mit Vergleichen,
die aber auch nicht immer richtig verstanden werden.
Es wird aber mit dem Alter und der Erfahrung besser.


Geschrieben von: Paula am: 08.04.10, 09:02:53
Zitat von Hans:
Ich kann die räumlichkeit meiner Gedanken beim Erzählen mit den Händen noch verdeutlichen,
aber wirklich genau verstanden werde ich kaum.


Das finde ich interessant. Du hast räumliche Gedanken? Sind das Bilder?

Interssant ist für mich dieser Aspekt, weil die Gebärdensprache eine bildliche-räumliche Sprache ist und mir deshalb sehr gefällt.

Meine Theorie:

Zunächst war die Gebärdensprache da, aus der sich dann die abstraktere liniare Lautsprache entwickelt hat. Und ich denke liniar zu denken beeinflusst seine Gedanken ebenso wie räumlich zu denken.

Ich glaube, das Sprache erfunden wurde, um angelerntes Wissen weiterzugeben. Das wurde früher in Form von Geschichten getan.

Die Worte sind eine Art Brücke, um Bilder zu transportieren. Denn oft lösen Worte die ich höre bei mir Bilder und Gefühle aus.

LG
Paula


Geschrieben von: feder am: 08.04.10, 11:21:14
Zitat von drvaust:
Wie kann man, z.B., die Konstruktion einer komplizierten Maschine ohne Sprache erklären?

Ich schrieb ja, dass Sprache nötig ist, um mit anderen über etwas in Austausch treten zu können.


Geschrieben von: hjqsra am: 17.09.19, 21:06:16
Im folgenden ein paar erste Überlegungen meinerseits, bei denen der Kontext teilweise sprunghaft ist.

Falls wörtliche Sprache ohne bildliches Denken möglich wäre, wie kann man sich das als Außenstehender versinnbildlichen?

Ich frage mich, ob bei Blinden absolute Blindheit vorkommen kann oder ob immer ein gewisser Grad an visuellem Vorstellungsvermögen da sein kann. Derjenige muss ja nicht zwingend etwas von außen wahrnehmen können, aber vielleicht minimale Licht-Schatten-Reflexe und leichte Farbveränderungen dessen. Bei manchen Blinden soll leichtes, bildliches Vorstellen möglich sein, sagen manche. Es wird ja auch vielleicht schwierig sein, dass für diese zu sagen, weil sie ja den Vergleich nicht kennen. Das Sehen von Halluzinationen im Halb-Schlaf soll ja auch bei Menschen vorkommen können, bei denen keine Beeinträchtigung geschrieben steht oder Schizophrene sollen Dinge sehen, die keiner sehen kann. Nun sehen sie das mit den Augen oder gehen sie davon aus? Wie soll man das als Außen-Sehenkönnender differenzieren? Aber mir fehlen hier jegliche Kenntnisse über die Neurologie bei Blindheit. Es wäre interessant zu wissen, wie Blindheit gemessen wird. Das menschliche Gehirn ist ja noch nicht gänzlich erforscht. Und man hat ja auch ein genetisches Gedächtnis. Dejavues sind ungeklärt. Das Träumen gilt auch als unerklärbar.

Was wo wie wann bei wem oder was zu erst da war, keine Ahnung. Es heißt ja, dass man Reize oder einen gewissen Grad an Reizen braucht, um sein zu können / sich zu spüren.

Vielleicht entwickelt sich die wörtliche Sprache da größer, wo ein Mensch sich ohne sie nicht (gut) fühlte bzw. besonders gut mit ihr / Erfolg damit + Genetik.

Ansonsten fällt mir grad ein, dass manche Babys ihre Augen nach der Geburt noch einige Tage oft geschlossen halten. Bei denen könnten sich die Sinne demnach ja erst Mal stärker in den anderen Bahnen entwickeln. Vielleicht öffnen sie sie mehr, je öfter sie die Mutter ablegt, es sei denn sie präferieren Schreien und haben damit mehr Erfolg, als die Augen zu öffnen usw.

Visuell ausgeprägte können beispielsweise oft Mittelohrentzündungen oder sonstige auditive Wahrnehmungs- / Verarbeitungsstörungen gehabt haben, wenn man sich in diesem Beispiel auf Visualität und Akkustik fokussiert. Verbal-sprachliche Beeinträchtigungen können auch durch andere Sinne beeinträchtigt sein. Beispiel Bindungsstörung, worin ein Kind exzessiv andere Körperkontakte aufsucht und manchem dabei zu Nahe kommt, erfährt dann ggf. irgendwo starke Abfuhr und denkt vielleicht, dass es daran lag, was es gesagt hat oder dass es noch nicht sprechen kann. Dabei können Kinder auch wunderbar zusammen nonverbal spielen und erkennen, dass sie das gerade beide wollen. Dann gibt es noch Menschen, die gerne andere Leute berühren, weil ihr Tastsinn bislang überragend positive Erfahrungen machte - sogar unter Sozialphobikern.

Das Gedächtnis spielt ja auch seine Rolle. Wenn man ein Mal etwas gehört und dazu entsprechende Mund- und Körperbewegungen gesehen oder unterbewusst Schwingungen mit dazu verarbeitet hat, kann man sich das ja einbilden zu hören bei einem weiteren Mal, wo das Gehör z. B. gerade durch Wind beeinträchtigt ist.

Das Schwing-Beispiel die Frösche und die Elefanten von Haiiti. Die Frösche wanderten schon Tage zuvor weg vom Meer und die Touristen-Elefanten rissen sich rechtzeitig los um von der Flut weg zu kommen. Da ahnte noch kein Mensch, was passierte. Die Frösche orientieren sich ja sehr am Boden, sie sind ihm durch ihre Körpergröße und Lebensweise sehr nahe. Weswegen der Elefant länger gebraucht haben könnte.

Bei mir sehe ich Worte, wenn ich sie mir vorstelle situativ mit Farbe, Größe, Position. Sie sind bei mir visuell, weil ich Worte lieber lese, statt sie zu hören. Melodien kann ich nicht lesen, höchstens vielleicht wenn ich Noten lernen würde, wobei sie mir dann wieder ein Bild würden. Ein paar gegenüber stellbare Fragen zu diesem Absatz möchte ich vertagen.

Völlig Kontextferne Erinnerung:
Wenn ich einen Gedanken aufschreiben wollte und darin gestoppt bin und den Faden verloren hab, muss ich z. B. den Satz aus meinem Sichtfeld löschen und den vorherigen noch mal durchlesen.


Geschrieben von: mor am: 21.08.21, 08:38:16
Zitat von Coyote:
auf einem Baum vor einem Zebrastreifen warten sie.


Sie warten wohl darauf, dass die Straße frei wird und sie über die Straße auf/über dem Zebrastreifen fliegen können?