Smilla
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Okay... also nachdem dieser Thread sich ja wirklich zu einer hitzigen und doch recht langen Diskussion entwickelt hat, melde ich mich auch mal wieder zu Wort.
Das Gespräch hat sich, wie ja schon mehrfach bemerkt wurde, weit von meiner eigentlichen Frage entfernt. Ich wollte eigentlich die Beweggründe verstehen, die jemanden zum Glauben veranlassen, da sie mir nicht ersichtlich sind. Ohne zu werten und ohne „das oder das ist richtig/besser“, sondern eher nach dem Motto „ich denke so, weil (...)“ und dann macht sich jeder darüber ein eigenes Bild. Dass das jetzt anders gelaufen ist, will ich aber auch nicht ignorieren.
Vorneweg möchte ich allerdings sagen, dass ich mir nach dem Lesen von knapp 10 Seiten das Zitieren einzelner Aussagen in den meisten Fällen sparen möchte, da meine Antwort sonst einfach zu lang wird. Der einzige, der von mir persönlich zitiert wird, ist 55555, und das, weil er seinerseits ein Zitat von mir gebracht und dessen Sinn total verdreht hat, was mich sehr geärgert hat.
Im Bezug auf die Beiträge von dir, 55555:
Ich kann verstehen, dass du dich aufgrund der vielen gegen Religion gerichteten... ich nenne es jetzt mal Angriffe in diesem Thread auf eine Verteidigungsposition zurückgedrängt siehst. Dennoch finde ich deine Argumentation zum Teil etwas unsachlich, was ich nachfolgend genauer begründen möchte.
Aber erstmal allgemein. Mir fällt auf, dass das von Religionsgegnern angeführte Argument gegen Religion, dass in deren Namen bereits zahlreiche Untaten begangen worden seien, immer wieder aufgenommen wird. Es hieß, diese Taten wären manipulativen menschlichen Individuen zuzuschreiben und widersprächen der Lehre der „eigentlichen“ Religion. Hier möchte ich fragen, wie eine Religion denn definiert wird. Geschieht das nicht vielmehr genau durch das Handeln und Wirken ihrer Anhänger? Hier könnte man argumentieren, dass vielen Religionen heilige Schriften zu Grunde liegen, nach denen sich diese Anhänger richten sollten, was oft nicht geschieht. Jedoch können auch diese auf viele unterschiedliche Arten interpretiert und gedeutet werden und stecken zum Teil auch voller Widersprüche. Sofern man sich in diesem Bereich auskennt denke man nur einmal an die zum Teil sehr verschiedenartigen Interpretationsansätze in Bezug auf den Koran. Insofern lautet meine Frage: Kann es von einer so großen Religion wie beispielsweise dem Christentum denn überhaupt eine „wirkliche“ Ausübung derselben geben? Meiner Meinung nach nein, da viel zu viele und verschiedenartige Möglichkeiten der Interpretation vorhanden sind. Insofern liegen einige der genannten Missetaten, die im Namen des Christentums begangen wurden vielleicht nicht dem persönlichen Verständnis gewisser Leute zu Grunde, aber sehr wohl einer anderen Auslegung derselben Religion.
Nicht unter den Tisch fallen lassen sollte man hier allerdings auch das mehrfach von 55555 aufgebrachte Argument, dass im Namen anderer menschlicher Ideen nicht minder schlimme Dinge passiert sind. Nationalsozialismus, Stalinismus und andere, zum Teil erheblich religionsfeindliche Bewegungen und selbst die vielgepriesene Demokratie (Stichwort USA) forderten ebenso zahlreiche unschuldige Opfer.
Aufgrund dessen ist nach meiner persönlichen Ansicht nicht die Tatsache einer vorhandenen Religion, sondern eines vorhandenen menschlichen Idealbildes die Basis für solchen blinden Fanatismus. Wenn menschliche Individuen sich im Namen eines höheren Zieles, sei es weltlicher oder geistlicher Natur, zu Mord und Grausamkeiten an ihren Mitmenschen und unserem Planeten berufen fühlen, steht nach meiner Meinung allein die typisch menschliche Suche nach einer allumfassenden Ideallösung dahinter, welche dann auch mit blindem Eifer verfolgt wird. Insofern stimme ich dem vielzitierten Satz „Es gibt nichts gefährlicheres als Religionen“ nicht zu... ich würde sagen „Es gibt nichts gefährlicheres als menschliche Utopien“.
Vielleicht bin ich persönlich gerade durch mein immer noch genaueres nachfragen und meiner Eigenschaft, alles bis ins Detail wissen zu wollen, zu der Ansicht gekommen, dass es eine solche Lösung nicht gibt und nie geben kann. Auf jede Frage gibt es mehrere Antworten und oft keine, die völlig richtig ist.
Was mich dann hier doch schon geärgert hat, war das bereits erwähnte Zitat meinerseits von 55555. Ich respektiere jeden Glauben, auch, wenn ich selbst keinem angehöre, und ich habe meine Aussagen so sorgfältig und neutral wie möglich formuliert, um niemanden zu verletzen. Ich verstehe nicht, wie man folgende Sätze derart fehlinterpretieren kann:
Es ist nicht so, dass ich irgendwie gegen Glaube und Religion wäre, oder mich aus irgendeinem Grund dagegen entschieden hätte. Mein immer nach Logik suchender Verstand würde es mir nicht erlauben, zu glauben, selbst wenn ich wollte, genausowenig wie man sich bewusst aussuchen könnte, in wen man sich verliebt.
Ich weiß nicht, ob es mit meinem autistischen Denken zu tun hat - aber ich bin zumindest bisher davon ausgegangen.
Diese Aussage von mir wurde so hingestellt, dass ich der Meinung wäre, Autisten dürften nicht religiös sein, da sie ja vernünftiger wären.
Also, falls jemand die Stelle im Zitat findet, an der das steht, so bitte ich ihn, sie hier reinzustellen. Ich meine diese Sätze so, wie ich sie gesagt habe, Interpretationen abseits der wörtlichen Aussage unerwünscht. Es steht dort weder, dass Autisten vernünftiger seien als Nichtautisten (was eine wohl ziemlich vermessene Ansicht wäre), noch kann ich darin ein an irgendjemanden gerichtetes Verbot (nicht dürfen) entdecken. Weiterhin wird das Wort Vernunft, das nicht mit Logik gleichzusetzen ist, nicht ein einziges Mal im obengehenden Zitat genannt.
Ich habe lediglich geschrieben, dass Religion im Gegensatz zur Wissenschaft nicht logisch erklärbar ist. Diese Tatsache wird mir wohl niemand absprechen wollen. Da ich als ewiger Zweifler immer für alles eine logische Erklärung brauche und im Bereich der Religion diesbezüglich nie fündig wurde, ist es mir aufgrund meiner persönlichen Natur nicht möglich, einer Glaubensgemeinschaft zu folgen, da hierzu ja Überzeugung gehören würde, welche ich durch die fehlende Logik nicht entwickeln kann.
Da man weiterhin immer wieder von der logiksuchenden Natur vieler Autisten liest, ging ich bis dato davon aus, dass diese meine Eigenschaft möglicherweise damit zusammenhängen könnte.
Das war, nochmal in anderen Worten, der Inhalt obiger Aussage. Und darin finde ich nichts religionskritisches.
Wissenschaftlich ist eine Existenz Gottes nun mal nicht beweisbar.
Viele Gläubige sagen: Es ist auch nicht beweisbar, dass es ihn nicht gibt. Der Satz ist in diesem Thread auch schon gefallen. Man sollte aber erstmal nachdenken, bevor man sowas ausspricht. Es ist die gängige wissenschaftliche Praxis ist, Dinge erst dann als gegeben zu akzeptieren, wenn diese eindeutig bewiesen sind. Die Forderung, beweisen können, dass etwas nicht existiert, ist an sich ein absurder Gedanke. Bei allen möglichen Dingen kann man nicht beweisen, dass es sie nicht gibt. Ich kann nicht beweisen, dass es Thor, Odin, Zeus oder Bastet nicht gibt. Ich kann nicht beweisen, dass es sich nicht allabendlich unsichtbare Aliens neben mir auf dem Sofa bequem machen und geräuschlos unsichtbares Popcorn verspeisen. Das Argument „man kann nicht beweisen, dass es etwas nicht gibt“ ist nach logischen Gesichtspunkten absolut widersinnig – wie soll man denn die Nichtexistenz von etwas beweisen, das nicht da ist? Ohne Beweismaterial kein Beweis!
Aber haben es Gläubige denn überhaupt nötig, sich auf diese (wissenschaftliche!) Ebene von wegen Beweis und Nichtbeweis zu begeben? Tun sie das, können sie meiner Ansicht nach nur den Kürzeren ziehen. Das Wort „Glaube“ an sich steht ja schon im Widerspruch zum Begriff „Beweis“. Letzterer gehört meiner Ansicht nach in den Bereich der Wissenschaft und sollte doch auf religiöser Ebene nicht benötigt werden. Die Religion braucht die Wissenschaft und ihre Methoden nicht, zumindest soweit ich das beurteilen kann. Und ich kann nichts negatives darin sehen, nicht, dass das wieder als Kritik aufgefasst wird. Nur weil ich von etwas nicht persönlich überzeugt bin, heißt da nicht, dass ich es schlecht und falsch finde.
So, und zu guter Letzt zum letzten Beitrag von quamquam, der ja wieder auf das eigentliche Thema zurückging. Ich finde deine „Methode“ sehr interessant und ich kann es sehr gut nachvollziehen.
Ich feiere auch Weihnachten und Ostern, obwohl ich nicht gläubig bin. Ich finde diese „Rituale“ um die Feiertage einfach schön, ich kenne sie aus meiner Kindheit und sie geben mir ein gutes Gefühl. Es ist etwas, das immer wieder kommt, auf das man sich immer wieder freuen kann und das einem zeigt, dass alles an seinem Platz ist. So fühlt sich das zumindest für mich an.
Kirchen finde ich jetzt persönlich vom Gefühl her meistens nicht das Wahre, so viele Leute auf einem Haufen, so viel Lärm, der in dem großen Gebäude dann noch so hallt... und ständig stillsitzen und zuhören... nichts für mich. Aber die Osternacht als ich ein Kind war, hatte ich immer geliebt. Das war in einer kleinen Holzkirche. Man ging dort hin als es draußen noch dunkel war, es waren immer nur ganz wenig Leute und alle hatten Kerzen, sonst gab es kein Licht. Das war irgendwie eine ganz besonders schöne Stimmung, auch, als ich schon lange an nichts mehr geglaubt hatte bin ich gern dort hingegangen.
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