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Thema: Autisten ohne Gewissen (http://autismus.ra.unen.de.auties.net/topic.php?id=2756)


Geschrieben von: Mi-Mundo am: 15.04.09, 12:04:14
Darüber haben sich schon ganz andere Geister den Kopf zerbrochen.
Kant, C.G.Jung und Rousseau waren der Meinung, das Gewissen sei angeboren.

Rousseau führte dazu folgendes aus:
Das Gewissen ist dem Menschen angeboren, es ist eine Disposition, die sich im Laufe der Geschichte der Vergesellschaftung entfaltet. Die vernünftige Einsicht in das sittlich Gute ist dagegen nicht angeboren, sondern erworben. Wie alle Erkenntnis geht sie letztlich aus den Sinneseindrücken hervor. Das Gute kennen heißt noch nicht, es auch zu lieben. Sobald er aber Einsicht in das Gute hat, veranlaßt ihn sein angeborenes Gewissen, es zu lieben.

In der Psychologie wird das Gewissen als angeboren angesehen.
Macht in meinen Augen auch mehr Sinn.

Aber ich akzeptiere auch gerne eine gegensätzliche Meinung.


Geschrieben von: Bluna am: 15.04.09, 12:46:59
Auch zum beispiel bei Hunden gibt es eine,ich nenne das jetzt mal einfache Form von Gewissen.Ein Hund wird sich nur in geringem Maße vor seinen Artgenossen verstellen(lügen),weil sonst die Kommunikation
im Rudel zusammenbrechen kann,wenn das "Lügen" überhand nimmt.
Was unterscheidet das menschliche Gewissen,von dieser "einfachen Art "des Gewissens?


Geschrieben von: 55555 am: 15.04.09, 13:30:10
Die Wissenschaft berücksichtig ja immer nur, was bewiesen werden kann. Darum kommen viele real vorhandenen Zusammenhänge im Weltbild der Wissenschaft nicht vor. Das ist wohl unbestreitbar. Was das Bewußtsein von Tieren angeht gibt es mit zunehmendem wissenschaftlichen Wissen innerhalb dieser Erkenntnismethode mehr und mehr Einsicht darin, daß Tiere eben doch mehr Bewußtsein haben, als man jeweils vorher noch vermutete (aufgrund eines solchen reduktionistischen Weltbildes).

Ich denke schon, daß es bei Tieren Gewissen gibt. Hunde und Katzen wissen z.B. wenn sie in die Wohnung gepinkelt haben manchmal offenbar, daß es dann Ärger gibt und nehmen in ihrem Verhalten einen Teil einer Bestrafung schon vorweg. Was sie dabei fühlen, weiß ich ebensowenig wie ich weiß was NA fühlen. Aber ich gehe davon aus, daß sie dabei auch soetwas wie ein schlechtes Gewissen empfinden. Man könnte nun argumentieren, daß ein reines Gewissen nicht die Angst vor Strafe sein kann, aber ich denke gerade z.B. bei Hunden ist das Rudelgefühl so verinnerlicht, daß das nicht klar trennbar sein dürfte. Auch Menschen haben teilweise ein schlechtes Gewissen, wenn sie gegen den Willen anderer Menschen verstoßen haben. Schlechtes Gewissen, Angst vor Stafe, kann man das bei Menschen klar trennen?

Edit: C.G. Jung?


Geschrieben von: haggard am: 15.04.09, 17:15:01
gewissen betrachte ich als etwas, das erworben wird. wenn gewissen etwas ist, das die befähigung des fällens von entscheidungen unter berücksichtigung verschiedenster ausgangssituationen sowie handlungs-/nichthandlungsresultate diesbezüglich ist, dann kann es nicht angeboren sein. das gesamte dasein ist ein lernprozess. geäußerte hinweise/unterstellungen auf fehlendes gewissen beziehen sich in der regel wohl auf fehlverhalten in bezug auf irgendeine "norm" oder persönliches empfinden.
wenn über dinge keine (umfassende) kenntnis besteht, gehe ich davon aus, dass auch kein gewissen besteht. skrupellosigkeit mit gewissenlosigkeit gleichzusetzen, empfinde ich als etwas schwierig. - wie jedoch von außen eine unterscheidung mögliche wäre, entzieht sich mir.

sobald sich lebewesen in interaktion mit anderen begeben können, wird vermutlich ein gewissen vorausgesetzt.

@Bluna:
mein hund besitzt ein gewissen.:) er versteckt sich, wenn er davon ausgeht, dass "seine" menschen nicht begeistert sind über dinge, die er getan hat. wenn er gerufen wird, kommt er in diesen situationen sehr zögerlich und angespannt. bemerkt er, dass sich die menschen so verhalten wie sonst auch, bleibt er misstraurisch und meidet weiterhin den ort des geschehens. erfährt er jedoch stärkung seiner person, löst sich das misstrauen auf und er sucht auch von sich aus wieder den ort des geschehens auf. auch freut er sich dann sehr. ist wohl erleichtert, dass die situation "ausgestanden" ist.

gleiches kann auch bei jüngeren kindern beobachtet werden - nur fragen sie dann hinter: hast du das nicht bemerkt? und du bist gar nicht böse?

die furcht vor bestrafung ist wohl auch erworben. wobei die einfachste - und für soziale wesen ziemlich eindringliche - form wahrscheinlich die der nichtbeachtung ist.


Geschrieben von: drvaust am: 16.04.09, 00:19:45
Gewissen wird im Allgemeinen als gesellschaftlich bedingt angesehen, also durch die Gesellschaft geprägt. Das zeigt sich auch darin, daß in einer Gesellschaft etwas als natürlich gilt, was sich in einer anderen Gesellschaft nach dem Gewissen verbietet, obwohl sich die Menschen kaum unterscheiden.
Teilweise wird zusätzlich zum gesellschaftlich geprägten Gewissen auch ein instinktiver Teil gesehen, z.B. bei C.G.Jung. Dieser instinktive Teil ist angeboren, z.B. der Schutz der eigenen Art.
In vielen Religionen wird das Gewissen auch als gottgegeben angesehen. - Religionsunterricht?
Siehe auch Wikipedia.

Zitat von zoccoly:
Zitat von drvaust:
Ich denke, Autisten haben ein ausgeprägtes Gewissen. Vielleicht etwas anders
Inwiefern anders?
Autisten denken und empfinden etwas anders. Daraus ergeben sich auch etwas andere Wertvorstellungen.
Z.B. habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich jemand die persönliche Ordnung gestört habe, obwohl der das evtl. als unbedeutend sieht.
Oder ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich ein Tier (unabsichtlich) verletzt habe, viele Leute verstehen das nicht.
Dagegen habe ich weniger schlechtes Gewissen, wenn ich Jemand durch direkte Wahrheit verletzt habe.


Geschrieben von: haggard am: 16.04.09, 06:54:13
ich denke, das mit dem instinktiven anteil funktioniert nicht. ist ganz interessant bei kindern im kindergarten zu beobachten. gerade was den schutz der eigenen art anbelangt. und auch diesbezüglich scheinen menschen allgemein keine probleme zu besitzen, sich "ohne mit der wimper zu zucken" gegenseitig umzubringen - zur arterhaltung wohlbemerkt.


Geschrieben von: zoccoly am: 16.04.09, 07:22:52
Und zur Arterhaltung hat das Verteidigungsministerium einen Bedarf von 201,2 Millionen Euro aus dem Investitions-und Tilgungsfonds beantragt.
Unter anderem, um MP 7-Maschinenpistolen zu kaufen. Fachleute sind begeistert. Die Projekte durchschlagen mühelos Stahlhelme und schusssichere Westen.


Geschrieben von: 55555 am: 16.04.09, 08:42:30
Nun berichten aber etliche Soldaten schon von Gewissensbissen. Gewissen ist ja nicht das, was Menschen faktisch tun, z.B. aus Gruppendynamiken heraus oder einfach gesellschaftlichen Zwang (der ist nicht unbedingt dynamisch im engen Sinne, denke ich).


Geschrieben von: haggard am: 16.04.09, 15:12:12
wenn soldaten das töten anderer menschen nicht mit ihrem gewissen vereinbaren können - warum töten sie denn dann? wenn ich etwas nicht mit meinem gewissen vereinbaren kann, dann übe ich diese dinge nicht aus. gäbe es nichts essbares mehr auf diesem planeten außer fische, würde ich verhungern, wenn ich keine bereits gestorbenen fische finden würde. (und selbst dann würde ich vielleicht keinen fisch essen können).