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Die Leistungsdaten ihrer Produkte erheben die Hersteller in ihren Laboren selbst - und die EU-Kommission gewährt ihnen dabei bisher große Spielräume, eigentlich um mögliche Messfehler auszugleichen. Das sind die sogenannten Toleranzen. Dank moderner, präziserer Messtechnik wissen die Hersteller aber ziemlich genau, wie effizient ihre Lampen tatsächlich sind. Auf die selbst ermittelten Werte können sie deshalb die alten, hohen Messtoleranzen zulasten der Kunden aufschlagen. Die Lampen verbrauchen damit mehr Strom als auf der Verpackung angegeben - oder sie liefern eben weniger Licht. So ergab beispielsweise eine Untersuchung des Magazins des Schwedischen Verbraucherverbands, dass einige Halogen-Lampen unter Alltagsbedingungen mehr als 20 Prozent schwächer leuchten, als angegeben.
Die EU-Kommission weiß schon seit 2011, dass die Branche das Schlupfloch gezielt und flächendeckend ausnutzt, um besser dazustehen. Das hatte eine Sprecherin im Dezember gegenüber der SZ eingeräumt. Der Fehler liegt dabei in der Ökodesign-Richtlinie der EU: Sie legt unter anderem fest, wie viel Strom eine Lampe bei einer bestimmten Lichtstärke verbrauchen darf und wie hoch die Messtoleranzen sind. Wie genau diese Abweichungen aber verrechnet werden dürfen, ist nicht eindeutig vorgegeben.
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Insgesamt, so schätzt der europäische Umweltschutz-Dachverband EEB, könnte die EU nun allein durch den fortgesetzten Missbrauch der Toleranzen bei Lampen ihre Stromspar-Ziele im Jahr 2020 um 10,2 Terawatt-Stunden jährlich verfehlen. Das entspricht der Stromerzeugung eines größeren Kernkraftwerks. Hinzu kämen die Mehrkosten für die Kunden, die geschätzt 1,65 Milliarden Euro mehr für Strom bezahlen müssten, als eigentlich versprochen.
Entsprechend scharf kritisierten Verbraucherschützer die Pläne der EU. "Es ist nicht zu rechtfertigen, dass die Lampen-Hersteller aus der Verantwortung genommen werden", sagte ein Sprecher des Europäischen Verbraucherverbands BEUC, zumal die Tricksereien seit Jahren bekannt seien.