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Über Energiesparlampen gibt es jede Menge Zahlen: Sie halten mehr als doppelt so lange wie herkömmliche Birnen, sie sind genauso hell und tragen zur Gesundung der Umwelt bei. Das Problem ist: Nichts davon stimmt so richtig. Trotzdem aber soll der Energiesparlampe die Zukunft gehören.
Stefan Schrader bekommt dieser Tage reichlich Post. Tag für Tag liefern Paket- und Kurierdienste massenweise Päckchen und Pakete in Schraders kleinem Laden an einer tristen Ausfallstraße im Hamburger Westen ab. Denn Schrader sorgt vor. Für die Zeit nach dem 31. August. Der Lampenhändler bunkert tausendfach alles, was ab dem 1. September 2009 in Europa nicht mehr produziert und nicht mehr in die EU importiert werden darf: Mattierte Glühlampen in 75 Watt, Globuslampen in 60 Watt, Kryptonlampen in 40 Watt, opalisierte Kerzenlampen in 25 Watt. Der Verkauf der Lampen ist erlaubt, auch nach dem 1. September.
Denn ab diesem Zeitpunkt greift der Abwicklungsplan für die gemeine Glühbirne. Viele Kunden wissen überhaupt nicht, was das bedeutet - sagt Schrader. Zwar seien die meisten darüber informiert, dass ab September die 100-Watt-Glühlampe verboten ist, aber dass auch sämtliche mattierten Lampen vom Markt verbannt werden, ganz gleich, ob sie 10, 40 oder 60 Watt haben, das sei ihnen nicht bewusst. Insgesamt rund 1000 Leuchtmittel sind von dem Verdikt betroffen.
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Energiesparlampen seien tickende Zeitbomben, warnen Umweltschützer. Eine Gefahr für Gesundheit und Umwelt.
Die Einsparpotentiale seien weit geringer als allgemein angegeben und in der politischen Diskussion angeführt, warnt "Öko-Test"-Redakteurin Gabriele Achstetter. Nie und nimmer ließen sich 80 Prozent Energie einsparen, wie die Konzerne behaupten.
Um ihre Energiesparlampen an den Mann zu bringen, operieren alle großen Hersteller mit Zahlen, die an Verbraucherbetrug grenzen. Dabei müsste man eigentlich nur etwas genauer hinschauen.
Lampenhändler Stefan Schrader holt eine Spotleuchte in der Energiesparversion mit 80 Grad Ausstrahlwinkel aus dem Regal. Auf dem Karton ist der große Aufdruck mit 15W = 75W nicht zu übersehen - das Kleingedruckte schon eher: 335cd steht auf der Packung. cd steht für Candelar, die Lichtmenge, die die Lampe abgibt. Schrader hält eine 75W-Spotleuchte desselben Herstellers daneben. 80 Grad Ausstrahlwinkel, keine Energiesparversion. Der cd-Wert ist nicht auf dem Karton verzeichnet. Aber im Katalog: 660cd - die Glühlampe strahlt also fast doppelt so hell wie die angeblich vergleichbare Energiesparlampe. Aus den 80 Prozent Energieersparnis werden so gerade mal knapp über 40 Prozent.
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Doch als das Magazin "Öko Test" letztes Jahr sechzehn marktübliche Modelle untersuchen ließ, kam es zu einem vernichtenden Urteil: Keine der Lampen hielt so lange wie vom Hersteller versprochen. Keine war so hell wie die vergleichbare Glühlampe, die sie ersetzen sollte. Und ohne Ausnahme wurde die Qualität des Lichts mit der Note "mangelhaft" bewertet. Außerdem empfahlen die Tester, die Leuchtmittel nicht in Körpernähe, beispielsweise in Schreibtischlampen einzusetzen, da ihre Strahlung gängige Grenzwerte um ein Vielfaches übertrafen.
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Immerhin lassen sie sich Glühlampen problemlos entsorgen - bei Energiesparlampen ist das anders. Denn die enthalten das hochgiftige Umweltgift Quecksilber. Das hat die EU zwar seit April in anderen Geräten, die im Haushalt verwendet werden, verboten, in Fieberthermometern oder in Barometern zum Beispiel, aber in der Sparlampe ist es weiter erlaubt.
Höchstens fünf Milligramm dürfen in einer Kompaktleuchtstofflampe verwendet werden. Doch Peter Andres, Lichtplaner in Hamburg, ist sich sicher, dass dieser Grenzwert häufig überschritten wird, vor allem in Billigimporten aus China. "Es ist viel schwieriger", sagt Andres, "bei der Produktion so wenig Quecksilber wie nur nötig in die Lampe zu geben, um sie zum Leuchten zu bringen. Es ist viel einfacher, statt fünf zehn oder fünfzehn Milligramm reinzuhauen."
Was passiert, wenn so eine Lampe im Haushalt zu Boden fällt und zerbricht, mag Andres sich gar nicht ausmalen. "Eigentlich müsste dann sofort die Umweltpolizei alarmiert werden", mahnt auch Gary Zörner von Institut für chemische Analytik in Delmenhorst. Denn das hochgiftige Quecksilber ist unsichtbar, verteilt sich in der Luft und kann verheerende Wirkungen nach sich ziehen. "Nicht die Glühlampe, sondern die Energiesparlampe sollte verboten werden", sagt Zörner.