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Nathalie B. sitzt noch immer in Untersuchungshaft. Denn noch ist das Urteil des Landgerichts Mannheim nicht rechtskräftig. Neuneinhalb Jahre soll sie in Haft. Das Gericht hat sie wegen Totschlags durch Unterlassen und Misshandlung von Schutzbefohlenen verurteilt, weil sie ihren schwerstkranken Sohn Marcel ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr ausreichend gepflegt und ihm keine Sondennahrung mehr verabreicht hat.
Die Höhe der Freiheitsstrafe könnte Nathalie B. akzeptieren. Die Begründung nicht. Die dreifache Mutter wehrt sich gegen die Feststellung, dass sie ihr Kind mit Absicht töten wollte. "Die rechtliche Begründung für den Tötungsvorsatz ist schlichtweg falsch", konstatiert ihr Verteidiger, der Mannheimer Rechtsanwalt Steffen Lindberg. Man dürfe sie deshalb nicht wegen Totschlags, höchstens wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilen.
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Nathalie B., 31, lebte von Geburt an am Rande der Gesellschaft, immer am Existenzminimum, sie kann die Anwälte nicht bezahlen. Sie hatte auch kein Geld, im Prozess private Gutachter zu beauftragen. Ihr Pflichtverteidiger Lindberg hat nun Frühsorger in das Mandat geholt, den er aus zahlreichen Verfahren kennt - und der in diesem Fall kostenlos arbeitet, weil es auch ihm "ums Prinzip" gehe. Sie wollen, dass der Fall neu verhandelt wird.
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"Sie hat seinen Tod nicht gewollt, ihn aber vorausgesehen", sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Meinerzhagen bei der Urteilsverkündung. Nathalie B. trage die alleinige Schuld.