An alle hiesigen Forennutzer, die sowas nervt: Einfach ignorieren.
Dem
dritten Teil der "Aspies e.V. Memoiren" von autismus-kultur.de möchte ich mal eine kritische Würdigung zukommen lassen, wie es in einem mündigem Umgang unter Personen, die einander ernst nehmen normal sein sollte. Es wäre ja auch schlimm, wenn man immer einer Meinung wäre.
Alles fing laut meiner Kenntnis mit folgendem Forenbeitrag im mittlerweile nicht mehr existenten Aspies-Forum an, den ich ganz zitiere:
Klar,in Bautzen sassen die ganzen Boykotthetzer,Fluchthelfer und Saboteure ein die auf die Infrastruktur angesetzt waren und dann und wann mal ne Brücke wegsprengten.
Tja, so die offizielle Propaganda der Pateiführung. Ich kenne Leute, die in Bautzen saßen. Es reichte schon, die falschen Bücher zu lesen.
Ich habe 1989 einen jungen Mann kennengelernt, der dort war, 6 Jahre lang.
Er hat mir seinen Ausweis gezeigt, wie er mit 14 aussah: ein richtig hübscher Kerl.
Mit 25, so alt war er, als ich ihn traf, war seine komplette Fresse eine einzige Narbe. Er sah aus, wie jemand, der seit Jahren leidenschaftlich Boxsport betreibt, obwohl er völlig untalentiert ist, um es mal so zu sagen.
Zitat:
Ehrenburg war durchaus im Recht,nachdem seine halbe Familie in KZ´s in umkam. Die Deutschen sind ein Volk der Täter,da ist nichts zu deuteln.
Ja und alle Soldaten sind Mörder und alle Männer sind Vergewaltiger. Schon klar.
Ich bin deutsch und es gab Wehrkraftzersetzer wie Wehrmachtsangehörige, Verfolgte und Mitläufer des NS- Regimes in meiner Familie. Alle tot inzwischen übrigens.
Zitat:
Wenn ich schon höre was Hitler alles hat...Hitler hatte gar nichts,aber alle machten mit das die Kriegs und Menschenvernichtungsmaschinerie wie am Schnürchen lief.
Es machten nicht alle mit, tut mir leid, dass Deine Großeltern charakterlose Schluffis waren, meine waren es nur zum Teil und selbst dieser Teil argumentierte etwas reflektierter, etwa so: "Ich war jung und dumm und habe mich verblenden lassen."
Zitat:
Gut,es gab Ausnahmeerscheinungen wie Oscar Huth der Verfolgte in seinem Flügel versteckte und der dreist Lebensmittelkarten mit seiner Druckmaschine nachdruckte und damit diversen Juden und Kommunisten in ihren Kellerverschlägen das Leben rettete,das wars dann aber auch schon.
Aber es gab diese Menschen und darum sind Pauschalverurteilungen eines ganzen Volkes nicht angebracht, zumal der Begriff "Volk" auch nicht klar definierbar ist.
Zitat:
Geh doch am besten zu den kalten Kriegern die immer noch in ihrem Fluchthelfermuseum hocken das der Altnazi Hildebrandt aufbaute
Ich sage das jetzt nur ungern und ich sage das auch nicht oft, aber manchmal wünsche ich mir, dass die Leute, die da nicht leben mussten, einfach die Klappe halten würden. Das gilt auch für Leute, die das 3. Reich nicht erlebt haben, also für uns alle. Wir können uns kein Urteil erlauben, wir können nur versuchen, zu verstehen, was passiert ist und wie es passieren konnte.
Diesen Beitrag interpretieren die autismus-kultur.de-Autoren so (meine Kommentare setze ich zwischen die einzelnen Aussagen, wie in Foren üblich):
Zitat:
Auch eraser pflegte das Wort Schluffi offenbar ohne jede negative Konnotation in Bezug auf diverse Zeitgenossen zu verwenden.
Der Begriff "charakterloser Schluffi" wirkt hingegen auf mich durchaus negativ. Charakterlosigkeit dürfte kaum positiv gemeint sein, zumal noch in diesem Zusammenhang, in dem es nach meinem Verständnis um bequeme, opportunistische Mitläufer geht, denen ethische Maßstäbe weniger wichtig sind.
Zitat:
Vor diesem Hintergrund betrachten wir die Bezeichnung charakterlose Schluffis für die Täter der Nazizeit als eine haarsträubende Verniedlichung und Verharmlosung.
Es ging so wie ich es lese an dieser Stelle nicht um Nazitäter im aktiv treibenden Sinne. Allerdings kann man Mitläufer eines verbrecherischen Regimes durchaus auch als Täter bezeichnen, somit würde Duldung zur Tat erklärt, was nicht abwegig ist. Das würde aber erstmal nichts daran ändern, daß solche Täter gleichzeitig auch träge Opportunisten oder eben "charakterlose Schluffis" sein können.
Zitat:
Die Relativierung und Verharmlosung von Naziverbrechen und Respektlosigkeit gegenüber den Opfern ist für Rechtsextremismus und Geschichtsrevisionismus charakteristisch und taucht fast nur in solchen Zusammenhängen auf.
Auch mich wirkt diese Reaktion übertrieben, denn eraser hatte mit der fraglichen Aussage offenbar mitteilen wollen, daß es falsch ist zu behaupten alle Deutschen hätten im Nazistaat mitgemacht. Und Autisten verstehen eben mitunter solche Begriffe wie "alle" absolut wörtlich und wenn man das tut ist die aufgegriffene Aussage ganz klar falsch.
Zitat:
Schweigen von allen zu fordern, die das Dritte Reich nicht erlebt haben – eine Forderung aus der alten rechtsradikalen und der neuen Schlussstrich-Szene -, widerspricht dem am Ende geäußerten Wunsch: zu verstehen, was passiert ist, und wie es passieren konnte, zumal das Ergebnis ohnehin schon verkündet wurde: charakterlose Schluffis.
Dieser Beitrag zwingt freilich zu der Annahme, dass hier weniger daran gelegen war, zu verstehen, was passiert ist, und wie es passieren konnte. Vielmehr scheint es um gekränkten Nationalstolz zu gehen und um das Image, dass die eigenen Vorfahren am Grauen nicht beteiligt gewesen seien – und wenn doch, die eigene Beteiligung vorbildlich reflektiert hätten. Kurzum: es geht um positive Identitätsstiftung.
eraser hatte ausdrücklich kenntlich gemacht, daß die Aussage "manchmal wünsche ich mir, dass die Leute, die da nicht leben mussten, einfach die Klappe halten würden" nicht ungebrochen als Meinung zuverstehen ist, sondern darauf hinweisen will, daß die Umstände in einer Diktatur dieser Art zu leben für Menschen, die es nicht selbst erfahren haben in der Tat nicht ganz nachvollziehbar sind. Ich verstehe das im Kontext aber überhaupt nicht als Aufruf deswegen aufzuhören die damaligen Mitläufer kritisch zu hinterfragen, sondern eher als Erinnerung daran, daß es einfach ist das damalige Geschehen jetzt anzuprangern.
Das an sich hat für mich nichts mit Haltungen wie "Wir haben das ja alle nicht gewußt" zu tun. Im Gegenteil stellt eraser selbst fest, daß einige Vorfahren sich als Mitläufer korrumpiert haben und das zumindest auch ein bischen reflekiert hatten (den Wahrheitsgehalt der Aussage kann ich nicht beurteilen).
Ich stelle darüber hinaus immer wieder fest, daß Schimpfen über vergangene Epochen dazu dient die Mißstände der eigenen Epoche zu verdrängen, von daher bin auch ich hier oft etwas skeptisch, wenn sich jemand derart 150% antifaschistisch gibt. Da würde mich dann schon interessieren inwieweit die Autoren selbst eingestehen Mitläufer hinsichtlich eigenen Profitierens hinsichtlich der Importe von Energieträgern aus der russischen Diktatur zu sein oder Kunde von Waren aus Produktion unter menschenunwürdigen Bedingungen? Sicher ist dies nicht vergleichbar mit einem Mega-Genozid, aber ist es deswegen kein Verbrechen? Können wir heute eigentlich überhaupt ethisch gesehen "sauber" leben?
Das merke ich nicht an um abzulenken, sondern im Bewußtsein dessen, daß ein Herumhacken auf der Geschichte selbst genauso Ablenkung von der Jetztzeit darstellen kann und ein sich Verweigern vor eigenen Konsequenzen aus vorhandener moralischer Erkenntnis. Kritik am Nazistaat ist heute einfach, sie ist Allgemeingut (wenn man auch an ihrer Qualität hier und da erhebliche Zweifel anmelden kann). Wer solche Kritik heute äußert bekommt automatisch fast nur Zustimmung. Dennoch leben wir in einer Zeit deren Sünden möglicherweise mehr Menschenleben kosten werden als der Nazi-Genozid. Das soll nicht Aufrechung darstellen, sondern zur praktischen Anwendung ethischer Maßstäbe erinnern.
Im Artikel wird eine Moderationsbeschwerde wegen dem zitierten Beitrag dokumentiert:
Zitat:
Brauner Beitrag mit klassischer Nazi-Rhetorik: "manchmal wünsche ich mir, dass die Leute, die da nicht leben mussten, einfach die Klappe halten würden." Am Massenmord Beteiligte als "charakterlose Schluffis" zu verharmlosen ist den Opfern des Nazionalsozialismus und ihren Angehörigen ein Schlag ins Gesicht. Entsetzlich, solche Beiträge in DIESEM Forum zu lesen zu kriegen, und dass eine Person mit brauner Mentalität hier moderiert!
Dieser Beschwerde möchte ich widersprechen. Zuerst möchte ich fragen, wo die Grenze zu ziehen wäre, ab der eine Beteiligung am Genozid gegeben gewesen wäre. Jeder Deutsche, dem es egal war, war daran beteiligt? War dann vielleicht auch jeder Brite daran beteiligt, der nicht in die Armee eintrat oder sein möglichstes tat den Genozid zu beenden? Auch außerhalb Deutschlands konnte man wissen was geschah, aber es wurde oft in ähnlicher Weise ignoriert wie im Reich.
Aus dem oben ziterten Beitrag gar braune Mentalität zu folgern ist meiner Ansicht nach eine Übertreibung, die eine gewisse Grenze überschreitet und die ich für nicht angebracht halte, wenn ich auch nicht annehme, daß diese Aussage bösartiger Natur war.
Zitat:
Wer von den Vorteilen für die Millionen einfacher Deutscher nicht reden will, der sollte vom Nationalsozialismus und vom Holocaust schweigen.
Völlig richtig und wie schon erwähnt gilt das denke ich auch heute noch.
Zitat:
Diesem Rechtfertigungsgejammer muss entschieden widersprochen werden!
Dem stimme ich ausdrücklich zu, finde jedoch, daß es hier auch Verhältnismäßigkeiten zu beachten gibt.
Zitat:
Es ist schwer, eigentlich unmöglich, mit Menschen inhaltlich zu diskutieren, die jeden Widerspruch und jede Kritik als eine Art Kampfhandlung, einen persönlichen Angriff oder Bedrohung ihrer strategischen Positionen auffassen.
In diesem Sinne stelle ich mich gerne einer offenen Diskussion zu dieser Thematik.