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Autor Nachricht
drvaust
(stillgelegt)

Zitat von honeybee1978:
... unsere gesellschaft bezeichnen, die im jahre 2010 immer noch nicht kapiert hat, das alle menschen verschieden sind und sich eben nicht jeder in eine schublade stecken laesst. ...
Ich denke, daß das "immer noch nicht kapiert" nicht ganz zutrifft.
Früher waren Andersartige manchmal verdächtig, wurden vertrieben und verfolgt. Aber ansonsten fand jeder einen Platz für sich, auch wenn er etwas anders war. Da war man flexibler, fand für jeden einen Platz in der Gesellschaft.
Jetzt ist die Gesellschaft unpersönlich rationalisiert. Da gibt es 'Arbeitskräfte', 'Verbraucher' usw.. Das sind Posten in Berechnungen und Statistiken, keine Personen. Rechnen kann man nur mit exakt definierten Posten, da darf es keine Abweichung geben. Eine 'Arbeitskraft' vom Typ XY muß ganz bestimmte Eigenschaften haben, um wie alle anderen 'Arbeitskräfte' vom Typ XY eingesetzt werden zu können. Wenn der oberste Chef die tausende 'Arbeitskräfte' vom Typ XY um einen Betrag reduziert, muß die Arbeit problemlos umverteilt werden können. Das funktioniert nicht mit unterschiedlichen Personen. Da muß jeder in die Norm passen. Da muß die 'Arbeitskraft' Nr. X problemlos vom Archiv in den Kundendienst umgesetzt werden können.
Wer da nicht passt, wird als defekt/krank aussortiert. Man ist sogar so 'human', diese weiter zu versorgen.
Also, die Gesellschaft hat sich verändert. Aus der bunten vielfältigen Gesellschaft wurde eine Norm-Gesellschaft mit bunten Träumen. Früher gab es viele Originale, jetzt gibt es Normale und Kranke.
27.02.10, 04:17:55
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Fundevogel
(Angehörigenbereich)

In manchen japanischen Unternehmen hängen die Persönlichkeitsprofile für jedermann sichtbar offen aus. Danach, wie Leistungsbereitschaft, Eigenarten und Lebensrhythmus der Mitarbeiter zusammen passen, werden die Arbeitskreise oder -rotten gebildet.
Dadurch kommen ähnlich befähigte und motivierte Mitarbeiter zusammen, was die Reibungsflächen verringert.

Es ist im Berufsalltag oft zu beobachten, dass sich schnelle Mitarbeiter von den langsameren behindert, langsamere sich von schnelleren genötigt und gestresst fühlen.

Es sollte auch nicht unterschätzt werden, welche unterschwelligen Aggressionen entstehen, wenn Mitarbeiter gleiche Bezahlung erhalten, obwohl sie unterschiedliche Arbeitsleistungen erbringen.

Vor einem Jahrzehnt noch wurde für Arbeitsabläufe mehr Zeit zur Verfügung gestellt. Da standen gleichwertig neben Schnelligkeit auch Einfühlungsvermögen, gute Arbeitsqualität, zwischenmenschliche Bemühungen, so dass jeder sich auf seine Weise in ein Unternehmen einbringen konnte.
Das ist vorbei, seit der Mensch als "Maschinenarbeitsstunde" kalkuliert wird.
Die enorm in die Höhe geschnellten Burn-out-Syndrome sprechen eine klare Sprache, und wo man in Unternehmen Kosten gespart haben könnte, steigen sie im Gesundheitswesen an.

Der einstmals schöne Begriff der "Wertschätzung" ist auf groteske Weise verentmenschlicht worden. Deshalb sind fast alle "Normalen" mittlerweile krank.

Forthebeautyoftheearth

Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. (Johannes 8.12).
Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es denn allen, die im Hause sind. (Markus 4.21) (Lukas 8.16)
27.02.10, 12:20:10
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Hans
(Autistenbereich)

"Die Zustände sind so schlimm, wer da nicht krank ist, der ist nicht gesund."
02.03.10, 00:42:36
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[55555]
(Administrator)

[Ein Beitrag wurde hierhin ausgelagert, da er ein neues Thema eröffnete, mfg [55555]]
05.03.10, 21:47:25
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Autor
(Aspie)

geändert von: [feder] - 26.11.10, 21:01:18

[Zitatcode repariert, mfg [feder]]

Zitat von arlette:
hmm, ich lebe mit der definition, dass autismus eine 'tiefgreifende entwicklungsstörung' ist, sehr gut. das heisst für mich schlicht und einfach, dass wir nicht neurotypisch sind. als krankheit schaue ich das nicht an, sondern einfach als gruppe von menschen, deren wahrnehmung anders als beim durschnittsmenschen funktioniert.


d´accord!!
26.11.10, 20:58:39
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Den Beitrag dazu habe ich jetzt nicht nochmal rausgesucht, aber eine "Störung" ist nunmal kein Begriff der vergleichbar mit "anders" ist. "Störung" impliziert einen unheilen Zustand.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
26.11.10, 21:28:51
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Autor
(Aspie)

Wenn jemand damit leben kann, warum nicht? Nicht jeder ist zu Fundamentalopposition nach dem Motto "Theo gegen den Rest der Welt" fähig oder bereit. So etwas ein Leben lang durchzuhalten kostet immense Kraft, zermürbt, verbittert und reibt einen auf.
Eine Störung kann ja auch von außen erfolgen. Der Rundfunkempfang kann durch externe Ursachen gestört sein. Der Empfänger ist nach wie vor heil, funktioniert aber scheinbar dennoch nicht.
Als Biologe ziehe ich den Begriff Neurodiversität vor. Er hilft den Betroffenen aber auch nicht wirklich weiter. Neulich hielt ich an der IHK einen Vortrag vor Personalverantwortlichen aus Unternehmen der Region über das Thema Autisten in der Arbeitswelt. Ich habe mich wirklich bemüht, alle negativ besetzten Begriffe wie Störung, Defizit, Mangel, Krankheit etc. zu vermeiden. Das Feedback ging über höflichen Applaus nicht hinaus. Ich hoffe dennoch, die üblichen Vorurteile und Vorverurteilungen :
„Die wollen gar nicht arbeiten“
• „Sie können gar nicht arbeiten oder produktiv tätig werden“
• „Das rechnet sich nicht für ein Unternehmen“
• „Die können keine Ausbildung absolvieren“
• „Unter unseren Bedingungen sind sie in der Ausbildung überfordert“
• „Bei den Hilfen, die sie brauchen, würde die kein Unternehmer einstellen“
• „Sie können sich sozial nicht anpassen“
• „Sie ertragen keine Leistungsspitzen, keinen Stress“
etwas entkräftet zu haben.

Viele Grüße
27.11.10, 14:47:24
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat von Autor:
So etwas ein Leben lang durchzuhalten kostet immense Kraft, zermürbt, verbittert und reibt einen auf.

Nö.
Zitat:
Eine Störung kann ja auch von außen erfolgen.

Hier ging es aber um die Aussage, daß Autismus eine Störung sei. Kannst du das zusammenbringen?

Denkst du es wirkt fragwürdig, wenn in Vorträgen nicht pathologisiert wird? Mein Erfahrung ist da anders, wenn auch das Klientel teils verschieden sein dürfte.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
27.11.10, 14:52:47
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Fundevogel
(Angehörigenbereich)

geändert von: Fundevogel - 28.11.10, 03:25:08

Autor, ich finde es sehr gut, dass du Vorträge hältst, weil die Thematik immer wieder auftaucht, sich in den Köpfen ablegt und Ängste und Vorurteile abbauen hilft.

Nach meiner Erfahrung haben Vorträge aber auch einen Nachteil: Sie bleiben häufig in emotionaler Hinsicht Vor Trag. Ich tendiere zu HineinTragen. NA verstehen anders und besser, wenn Sie persönlich nachvollziehen können, wie es wäre wenn sie selbst betroffen wären.

Als ich neulich eine gut organisierte Veranstaltung besuchte, bei der viele Autisten zugegen waren, wurden im Vortrag einer Ärztin in den ersten 10 Minuten ihres Vortrags ca. 20 mal "Krankheitsmerkmale" genannt. Am Ende der Beispiele gab es jeweils einen zarten Satz dazu, dass man vielleicht die Nachteile manchmal als Vorteile sehen könne. Zu mehr konnte sie sich durchringen.
Es ging darum, wie autistische Kinder mit ihren Eltern glücklicher leben könnten. Die Schlußempfehlung lautete, dass Autisten ihr schauspielerisches Talent nutzen sollten, ihrer Umwelt Angenehmsein vorzuspielen, damit sie gut durchs Leben kämen.

Ich bat sie sich vorzustellen, sie lebe mit einem Mann zusammen, den sie verabscheuen würde und ihm 24 Stunden des Tages und das über Jahre Liebe vorspielen müsse. Dann fragte ich sie, wie sie sich fühlen würde. Ich hatte den Eindruck, dass sie verstand, dass es die Hölle wäre und dass sie diese Hölle soeben Autisten als Empfehlung aussprach.

Es kam danach zu einer lebhaften Diskussion und der Forderung, dass ärztliche Beratung nicht darauf ausgelegt sein dürfe zu pathologisieren sondern die Eltern zu unterstützen, ihr Kind so anzunehmen wie es ist.
Die anwesenden erwachsenen Autisten forderten ein, endlich gegenüber Autisten Respekt zu zeigen.

Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. (Johannes 8.12).
Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es denn allen, die im Hause sind. (Markus 4.21) (Lukas 8.16)
28.11.10, 03:23:01
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Autor
(Aspie)

Hallo 55555,

das "Nö" kommt ein bisschen trotzig daher, aber egal.
Wie ich schon sagte: Neurodiversität trifft die Sache sehr gut. Aber sie stört und behindert mich bei vielen Dingen, die ich tun möchte (arbeiten, um für den Lebensunterhalt meiner Familie sorgen zu können etc.), weit mehr als sie mir hilft, weil sie von den anderen nicht oder nur unzureichend verstanden wird. Das ist mein ganz persönlicher, subjektiver und völlig unmaßgeblicher Eindruck, der sicher schärfsten Widerspruch herausfordern wird. Aber ich muß mich mit der Gesellschaft, die mich noch nicht verstehen will oder kann, irgendwie arrangieren, wenn ich nicht durch alle sozialen Roste ins Bodenlose fallen will. Und deshalb ist Fundamentalopposition nichts für mich.

Hallo Fundevogel,
die Phantasie und das Vorstellungsvermögen der NA zu fordern, um die autistische Befindlichkeit begreifbar zu machen, ist ein vielversprechender Ansatz, den ich gerne aufgreife.
01.12.10, 10:58:01
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zoccoly
(Autistenbereich)

Outest du dich bei deinen Vorträgen als A?

stillgelegt
01.12.10, 11:24:12
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Autor
(Aspie)

Hallo zoccoly

ich habe lange überlegt, ob oder ob nicht. Mittlerweile denke ich, es ist besser, die Karten auf den Tisch zu legen, damit klar wird: da redet einer nicht ü b e r sondern v o n etwas, was er aus eigener Erfahrung kennt.
01.12.10, 12:03:24
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