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Autor Nachricht
Quadriga
(Irrgeleitetes Subjekt)

Mir scheint es so, als würde man hier im Forum laufend "Tics" mit "Stereotypien" verwechseln. Ich suchte hier im Forum speziell nach "Tics", um ein Thema zu finden, dass sich damit bereits beschäftigt. Leider finde ich nur Beiträge, in denen zwar von "Tics" gesprochen wird, aber dabei nur "Stereotypien" genannt werden.

Zur Erklärung:
Tics sind "kurze und unwillkürliche, regelmäßig oder unregelmäßig wiederkehrende motorische Kontraktion einzelner Muskeln oder Muskelgruppen," welche bewusst auch nicht (deutlich) beendet oder unterdrückt werden können.
http://de.wikipedia.org/wiki/Tic

Sterotypien sind sich unbewusst, halbbewusst oder bewusst wiederholende Handlungen einer Person, welche bewusst auch beendet oder unterdrückt werden können.

Der klare Unterschied dazwischen spiegelt sich in der Bewussten Kontrolle der Phänomene wieder, wie auch die Möglichkeit der bewussten Abgewöhnung durch Training, bei Stereotypien, was bei Tics an sich nicht möglich ist.

Wenn ich z.B. von 1-"unendlich" zähle, ist das eine halbbewusste Handlung, um mich dadurch zu beruhigen. Dies ist eine Stereotypie, die ich auch unterdrücken kann, oder mir mit Übung auch komplett abgewöhnen kann.

Wenn mein Kopf unwillkürliche Bewegungen macht, die ich bewusst auch in keinster Weise verhindern oder absolut unterdrücken kann, ist das ein Tic.

Was beides jedoch gemeinsam hat, ist die beruhigende Wirkung.

I'm only a unidentifiable broken piece of myself.

-

[Aufgrund eines Kniggeverfahrens zu dauerhafter Sperrung nach Nutzerabstimmung verurteilt, gesperrt, auf Bewährung nach Nutzerentscheid wieder freigeschaltet und nach einem weiterem Regelverstoß nach Verständigung in einem Kniggeverfahren dauerhaft gesperrt, mfg [55555]]
02.04.11, 22:48:54
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haggard
(Autistenbereich)

ich hoffe, du willst damit nicht angeben, dass autisten ihre stereotypien, wenn sie sich gut genug anstrengen würden, abstellen könnten/sollten.

was die tics angeht, glaube ich nicht, dass das allgemeingültigkeit besitzt, dass es diejenigen menschen beruhigt.
03.04.11, 09:17:20
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Quadriga
(Irrgeleitetes Subjekt)

Ich denke schon, dass Autisten ihre Stereotypien abstellen können, wenn sie sich sehr anstrengen und das üben; das heißt aber dann nicht, dass dies unbedingt gut wäre für denjenigen. Nach außen hin wirkt jener dann evtl geheilt davon, da aber Stereotypien aufgrund irgendeiner Ursache zustande kommen, bleibt das grundlegende Problem nach Abstellung der Stereotypien bestehen, und wirkt sich dann irgendwie anders aus; evtl führt das dann zu innerem Leid oder diversen Persönlichkeitsstörungen oder evtl dann auch zu anderen z.T. heftigeren Stereotypien.

Bezüglich der beruhigenden Wirkung; dies bezog ich zu sehr auf mich, und differenzierte dies nicht weiter, daher ist dein Einwand korrekt.

I'm only a unidentifiable broken piece of myself.

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03.04.11, 14:03:29
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drvaust
(stillgelegt)

MoRtiFeR, ich stimme Dir zu, daß man Tics und Stereotypien unterscheiden sollte.
Tics sind Zwangshandlungen, zu denen man gezwungen ist, die man nicht oder schlecht vermeiden kann.
Stereotypien sind gleichmäßige wiederholte Handlungen, die man aus irgend einem Grund macht. Z.B. einfache Rituale, gewohnte Bewegungen.
Stereotypien können auch Tics sein, aber das ist meistens nicht so.
Daß Tics beruhigen, halte ich nicht für grundsätzlich richtig. Ich hatte als Kind/Jugendlicher manchmal leichte Tics, die mich nicht beruhigt hatten, die hatten mich eher gequält und beunruhigt.
Stereotypien, die keine Zwangshandlungen sind, kann man sich auch abgewöhnen. Aber warum sollte man sich Stereotypien abgewöhnen, die entspannen, Ruhe, Ordnung und Sicherheit geben? Nur weil es Andere für nicht normal halten?

03.04.11, 22:03:35
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Ozelot
(Autist)

Meine ausgeprägte "Stereotypie" ist die Mathematik. Auch für mich gilt es wenn ich ein paar Aufgaben gelöst habe oder ich mich Hauptsächlich mit Zahlen beschäftige als eine Beruhigende Wirkung. Ich werde meine Steroetypie nicht abgewöhnen. Genausogut könnte ich zu einen nichtautist sagen "Gewöhne dir ab jeden Tag mit Freunden zu telefonieren".
03.04.11, 23:14:28
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Aus deiner Quelle:
Zitat:
Weiterhin sind sie abzugrenzen von der Zwangsstörung (ICD-10 F42), da die Tics deutlich stereotyper und monotoner ablaufen als bei den Symptomen der Zwangsstörung.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
05.04.11, 09:27:47
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godiva
(Angehörige)

aus der diagnostik-karriere meines gerade vierjährigen sohnes kann ich berichten, daß selbst die profis (spezialambulanz für tics/tourette) bis heute nicht sagen können, was mein sohn da für bewegungsabläufe vollzieht. er macht das mindestens eine stunde am tag, insgesamt gesehen, manchmal auch länger. ich habe den ärzten videos gezeigt und sie haben es teilweise auch schon live gesehen. ich bin mir sicher, daß die unterscheidung, ob es sich nun um tics oder stereotypien handelt, grundlegend wäre für eine richtige einordnung der probleme meines kindes.
ich persönlich meine: wären die speziellen vorgänge in seinem kopf (zur ablenkung eben oder zur überbrückung von wartezeiten usw.) schlichtweg tics, dann wären die depressiv zu nennenden verstimmungen und wutausbrüche ja eher als reaktionen auf unzufriedenheit mit der (diagnostizierten) tic-störung zu begründen. aber bei einem vierjährigen? er scheint noch nicht einmal zu merken, daß andere bemerken, was er da macht. oder es interessiert ihn nicht. er braucht es halt irgendwie.

ich denke, es ist eher andersrum: er hat schwierigkeiten mit dem alltag, eine andere art, die welt wahrzunehmen, und damit hängen die "stereotypien" eng zusammen. so wird ein schuh draus.

was ich damit nur sagen will: die frage nach der abgrenzung zwischen tics und stereotypien ist eine immens wichtige - aber wird in der praxis meines erachtens viel zu wenig verfolgt und ernst genommen.
05.04.11, 14:08:52
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Quadriga
(Irrgeleitetes Subjekt)

geändert von: Quadriga - 05.04.11, 21:45:34

@Godiva
Eine Abbgrenzung ist ja wohl auch nur möglich, sobald sich die betroffene Person selbst dazu äußern kann, also ob er diese Bewegungen auch unterdrücken/bewusst abstellen könnte, oder ob dies für ihn unmöglich ist, selbst wenn er es sehr versucht.
Daher würde ich jetzt erstmal nichts unternehmen dagegen oder dafür, und auch andere Dinge, wie Depressionen, damit in Verbindung bringen, denn bis jetzt weißt du noch nichts über die Ursache seiner Bewegungen.

@55555
Zwänge sind i.d.R., wie auch Routinen, eher mit komplexeren Abläufen verbunden, und grenzen sich daher sehr deutlich von Stereotypie ab. Zwänge müssen aber nicht immer mit komplexen Abläufen einhergehen. Zwänge sind meiner Ansicht nach jedoch in keiner Weise mit Tics zu vergleichen, sondern eher noch mit Stereotypien, da Zwänge ja auch bewusst abgelegt/unterdrückt werden können.
Diese Begriffe bringt man wohl leicht durcheinander, wenn man sich mit jenen nicht ausreichend tief befasst hat?

@dvaust
Sprach ich mal davon, dass man Stereotypien ablegen müssen müsste? An sich denke ich ja auch, dass man diese nicht ablegen muss, auch nicht, wenn es andere nicht für normal halten. Nur wenn sie als störrend emfunden werden, z.B. wenn es einem nervt, dass man damit nicht für normal gehalten wird; doch dann gehen diese Stereotypien schon mehr ins Zwanghafte, bzw sind mehr als Zwangsverhalten anzusehen, da man es macht, aber nicht will. Stereotypien können dann wohl für einen Selbst gar nicht negativ sein, denn sind sie störrend, sind es mehr einfache/unkomplexe Zwänge. Oder so...

I'm only a unidentifiable broken piece of myself.

-

[Aufgrund eines Kniggeverfahrens zu dauerhafter Sperrung nach Nutzerabstimmung verurteilt, gesperrt, auf Bewährung nach Nutzerentscheid wieder freigeschaltet und nach einem weiterem Regelverstoß nach Verständigung in einem Kniggeverfahren dauerhaft gesperrt, mfg [55555]]
05.04.11, 21:37:57
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NoDesign
(Standard)

Zitat von Quadriga:


Was beides jedoch gemeinsam hat, ist die beruhigende Wirkung.


Interessant zu lesen, danke für die Erläuterungen.
Beruhigend ist es nicht immer,

kann zum Teil richtig peinlich werden,
wenn meine GesichtsTics da beginnen,
wo ich sie am liebsten nicht hätte,
schmerzt manchmal auch

Würde gerne wissen, wie man diese Muskel-Kontraktionen
wieder -normalisieren- kann.

Diagnose: u.a. AS 2008, AS F84.5 2009, 2011
26.05.11, 13:44:33
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