Wieviele Autisten bevorzugen wirklich Schriftlichkeit?
13.10.21, 11:23:46
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In den letzten Jahren habe ich schon vermehrt Zweifel daran bekommen, daß die Autisten, die schriftliche Kommunikation bevorzugen, z.B. selbst aus sich heraus empfinden sich schriftlich auch besser ausdrücken zu können als etwa mündlich einen deutlicheren Anteil aller Autisten ausmachen. Zumindest in der ja verhältnismäßig winzigen aktiven Autistenszene angesichts von über 1% geschätztem Bevölkerungsanteil.
Letztlich ergab sich im Kennenlernen mit den Mitwohninteressierten bezüglich der Autistenkommune nach meinem Empfinden doch erschreckend oft, daß diese Personen doch lieber mündlich kommunizieren würden und zu größeren Anteilen auch körperliche Geselligkeit in einer Weise ersehnen, die ich zumindest suspekt fand. Und wenn ich mir versuche aus all dem einen Reim zu machen, dann frage ich mich dies schon ziemlich. Beruht unser Wohnprojekt auf einer Fehleinschätzung hinsichtlich der vorhandenen autistischen Zielgruppe?
13.10.21, 16:19:26
mor
geändert von: mor - 13.10.21, 16:28:10
Nur zur "körperlichen Geselligkeit"
auch körperliche Geselligkeit
Irgendwie bin ich so ein Mensch, der "körperliche Geselligkeit" mag, ohne Körperkontakt.
Eventuell liegt dies auch in der Lebenssituation/Wohnsituation?
Eventuell ist es mit "körperlicher Geselligkeit" bei mir unter Autisten anders, wenn ich bedenke, dass ich schon in meinem Leben öftere Male "körperliche Geselligkeit" unter mehreren Autisten oder "Autistengruppe" verbracht hatte(für ein paar Stunden), auch innerhalb der Familie es Autisten gibt.
Von der Zeit der Geselligkeit könnte es auch liegen, ob es Autisten sind oder Nichtautisten?
Edit:
und zur Schriftlichkeit:
ich kann es nicht genau deuten/sagen, was ich genau bevorzuge. Manche Sachen, die lassen sich besser klären, wenn ich spreche, manche Sache gehe ich schriftlich an. Eventuell je nach Bezug das Schriftliche oder das "Sprechliche".
14.10.21, 11:26:46
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Irgendwie bin ich so ein Mensch, der "körperliche Geselligkeit" mag, ohne Körperkontakt.
Ich habe ein solches Bedürfnis wohl weniger. Das kann in Kontakten problematisch werden, wenn eine andere Person, die zu soetwas neigt, meint ich würde ähnlich empfinden wie sie und in soeiner Situation mehr "Gemeinsamkeit" erleben oder so. Es gibt einige solcher Faktoren, die dann schnell auf ein aneinandervorbeileben hinauslaufen können, weil eine Seite sich nicht so recht damit befasst hat, daß Menschen da unterschiedlich sind, nicht immer wie man selbst. Leider auch eine ziemlich verbreitete Haltung, oft sogar noch verbunden mit der Abneigung da überhaupt drüber zu reflektieren.
Zitat:
Eventuell liegt dies auch in der Lebenssituation/Wohnsituation?
Ich persönlich würde nicht sagen, daß ich mich da je nach Situation in meinem Empfinden großartig verändert hätte.
Zitat:
Von der Zeit der Geselligkeit könnte es auch liegen, ob es Autisten sind oder Nichtautisten?
Es gibt da schon Unterschiede, aber ich würde sagen keine so entscheidenden in der Masse, was mich angeht. Es gäbe vielleicht eher einzelne Personen, bei denen es sich etwas anders verhalten würde in einigen Aspekten, aber eine Empfindung von menschlicher Ferne bei körperlicher Distanz ist mir eher fremd. In meinem Empfinden spielt auch körperliche Nähe dafür wohl keine solche Rolle, daß ich mich Menschen dann näher fühlen würde.
Zitat:
Eventuell je nach Bezug das Schriftliche oder das "Sprechliche".
Schrift stellt ja auch Sprache dar, wäre also ebenso ein Sprechen.
14.10.21, 11:53:44
Lebensblume
Ich kann das alles recht gut nachvollziehen. Aber ich verstehe nicht, weshalb man in menschlichen Begegnungen nicht gegenseitig respektieren kann, dass der andere in dieser Hinsicht möglicherweise anders empfindet. Weshalb sollte man anderen deshalb einen Vorwurf machen? Weshalb bestehen überhaupt diesbezügliche Erwartungen? Wenn ich jemandem begegne, dann hege ich den tiefen Wunsch, ihn genau so sehen zu können, wie er ist, und dieses Sein des anderen im Sinne von Nächstenliebe bejahen zu können - auch wenn sich gewisse Sehnsüchte und Wünsche, die ich vielleicht zu projizieren geneigt bin, in der Begegnung nicht erfüllen. Ist der andere überhaupt dazu da, diese erfüllen zu müssen? Wenn ich diese Frage meinem Inneren stelle, bekomme ich folgende Antwort: NEIN UND NOCHMALS NEIN!
Was wäre hier eigentlich das Grundproblem? Dieses kann nur jeder bei sich selbst lösen. Ist es im eigenen Inneren gelöst - dann finden sich im Aussen keine Probleme mehr. Ich kann dann dem Gegenüber mein Herz öffnen, ohne etwas von ihm zu erwarten, ohne irgendwelche Bedingungen an ihn zu stellen.
14.10.21, 12:54:02
mor
Ich habe ein solches Bedürfnis wohl weniger.
Jeder Mensch ist verschieden. Ich habe nur mein Empfinden geschrieben, wie es bei mir ist.
Wenn es andere Menschen für sich persönlich anders sehen, dann ist es eben so.
Schrift stellt ja auch Sprache dar, wäre also ebenso ein Sprechen.
Mit dem "Sprechliche" habe ich eher die Worte gemeint, die aus dem Mund kommen. Also mündliche Sprache.
auch wenn sich gewisse Sehnsüchte und Wünsche, die ich vielleicht zu projizieren geneigt bin, in der Begegnung nicht erfüllen.
Beispiel (nur ein Beispiel):
Person A: "Hey du, wir haben uns länger nicht mehr "gesehen". Sollen wir uns nicht mal wieder dort treffen und quatschen?"
Person C: "Ne, ich habe mich verändert. Ich möchte keine " körperliche Treffen" mehr. Mir ist es lieber, wenn wir uns schriftlich unterhalten, per Brief oder Email oder chat"
Das soll veranschaulichen, wie unterschiedlich Menschen sein können und wie sie empfinden könne.
Person A hat das Bedürfnis, sich mit Person C "körperlich" zu treffen in der realen Welt. Person C hat aber nicht diesen gleichen Wunsch wie Person A. Aber ob da ein Kompromiss gefunden werden könne, der für beide taglich wäre?
14.10.21, 13:17:27
Lebensblume
Ne, ich habe mich verändert. Ich möchte keine " körperliche Treffen" mehr. Mir ist es lieber, wenn wir uns schriftlich unterhalten, per Brief oder Email oder chat"
Zumindest in diesem Beispiel ist es früher wohl einmal anders gewesen. Vielleicht wäre ein erster Schritt das Ergründen, ob diese Veränderung allenfalls etwas mit Person A zu tun hat - oder allgemein auch für andere Personen gelten würde.
Aber ob da ein Kompromiss gefunden werden könne, der für beide taglich wäre?
Solange jeder auf seinem Bedürfnis beharrt (ohne Wertung, ob dies berechtigt sei oder nicht), gibt es wohl keinen Kompromiss in dieser Sache. Das wäre dann von beiden Seiten her zu akzeptieren und es müssten entsprechende Konsequenzen daraus gezogen werden.
14.10.21, 13:40:06
mor
Vielleicht wäre ein erster Schritt das Ergründen, ob diese Veränderung allenfalls etwas mit Person A zu tun hat
Wenn Person A dann nachfragt, ob es was mit ihm/ihr zu tun hat und Person C dann meint, dass es nichts mit ihm/ihr persönlich zu tun hat sondern es allgemein so ist, dann wäre dies in dem Sinne so geklärt, dass es nichts mit Person A zu tun hat.
Zumindest in diesem Beispiel ist es früher wohl einmal anders gewesen.
Meinst du, weil es vor dem Internet nur durch körperliche Treffen und Telefonanrufe so war?
Das wäre dann von beiden Seiten her zu akzeptieren
Ja.
müssten entsprechende Konsequenzen daraus gezogen werden.
Die könnten entstehen, wenn die eine Person dann ganz sich aus dem Leben des Anderen sich zurückzieht.
14.10.21, 14:18:37
Lebensblume
Wenn Person A dann nachfragt, ob es was mit ihm/ihr zu tun hat und Person C dann meint, dass es nichts mit ihm/ihr persönlich zu tun hat sondern es allgemein so ist, dann wäre dies in dem Sinne so geklärt, dass es nichts mit Person A zu tun hat.
Dann wäre die Frage, inwiefern Person A Verständnis für etwas aufbringen könnte, das nichts mit ihr selbst zu tun hat. Es würde die Fähigkeit voraussetzen, sich selbst nicht als den Nabel der Welt zu verstehen - die Fähigkeit, nicht alles auf sich selbst zu beziehen.
Meinst du, weil es vor dem Internet nur durch körperliche Treffen und Telefonanrufe so war?
Ich möchte keine " körperliche Treffen" mehr
Zuvor hatten hier nach meinem Verständnis wohl körperliche Treffen stattgefunden?
Die könnten entstehen, wenn die eine Person dann ganz sich aus dem Leben des Anderen sich zurückzieht.
Im besten Falle würde dies von beiden zugleich als die sinnvollste Lösung angesehen werden.
14.10.21, 14:20:08
feder
Kommuniziere lieber schriftlich als mündlich. Allerdings setzt Kommunikation voraus, dass ich anderen Menschen etwas mitteilen möchte, was selten der Fall ist. Stilles Mitlesen und abstraktes Abwägen von Ideen sind für mich oft ausreichend.
Manchmal mag ich es auch, gemeinsam mit Menschen vor Ort etwas zu unternehmen oder gemeinsam zu tun. Da steht dann aber das gemeinsame Tun im Zentrum und nicht die Kommunikation.
14.10.21, 17:56:10
mor
geändert von: mor - 14.10.21, 17:57:24
Dann wäre die Frage, inwiefern Person A Verständnis für etwas aufbringen könnte
Es ist ja nur ein Beispiel, das ich genannt hatte. Wenn Person A nachfragt, warum Person C keine Treffen in der realen Welt mehr haben möchte und für Person C nach einer Erklärung Verständis zeigt, dann könnte sich die Sache anders entwickeln. So könnte eventuell ein Kompromiss gefunden werden.
Zuvor hatten hier nach meinem Verständnis wohl körperliche Treffen stattgefunden?
Stell dir vor, Person A und Person C sind alte Schulfreunde gewesen. Nach dem Schulabschluss verlieren sie den Kontakt, weil jeder dann sich ums seine ausbildung kümmert und sein Leben. Sie gehen im Friedlichen auseinander. Dann eines Tages treffen sie sich zufällig mal wieder und dann kommt dieses Gespräch mit dem Treffen (oberes Beispiel) zustande. Dieses Beispiel hier ist die Vorgeschichte der beiden Personen. Und das Beispiel im vorigen Beitrags als Beispiel wäre die "Mittelgeschichte".
14.10.21, 18:21:27
Lebensblume
Wenn Person A nachfragt, warum Person C keine Treffen in der realen Welt mehr haben möchte und für Person C nach einer Erklärung Verständis zeigt, dann könnte sich die Sache anders entwickeln. So könnte eventuell ein Kompromiss gefunden werden.
Genau, das meinte ich oben. Dieses Verständnis wäre notwendig, wobei es auch umgekehrt sein könnte, indem Person C Verständnis für Person A hätte, dass diese sich durch die Stellungnahme von A möglicherweise irritiert fühlen würde.
Auf das Thema des Threads bezogen würde ich sagen, dass es sowohl bei Autisten als auch NA darum geht, Verständnis für die jeweilige Situation des anderen aufzubringen. Jedoch wäre natürlich zu beachten, dass jemand, der Schriftkommunikation nicht mag, sich nicht für eine WG interessieren sollte, wenn im Vorfeld explizit darauf hingewiesen wurde, dass dort vorwiegend schriftlich kommuniziert wird. Es sollte nicht in Erwägung gezogen werden, irgendetwas vorzugaukeln, nur um dadurch die Möglichkeit eines Mitwohnens zu fördern, in der Annahme, im Nachhinein seine wirklichen Vorlieben "erfolgreich" durchdrücken zu können.
14.10.21, 18:42:23
mor
Jedoch wäre natürlich zu beachten, dass jemand, der Schriftkommunikation nicht mag, sich nicht für eine WG interessieren sollte, wenn im Vorfeld explizit darauf hingewiesen wurde, dass dort vorwiegend schriftlich kommuniziert wird.
Was heißt Schriftkommunikation nicht mögen (Das ist jetzt keine Frage).
Wenn man sich unsicher ist, was man eher bevorzugt?