07.06.14, 23:28:22
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Wer sind wir eigentlich und warum?
Zitat:
Der australische Teenager Ben McMahon etwa fiel nach einem Autounfall ins Koma, und als er aufwachte, sprach er Mandarin, fast fließend, obwohl er zuvor nur Grundkenntnisse erworben hatte. Und Tommy McHugh, ein Maurer aus Liverpool, hatte nach einer Hirnblutung extreme kreative Schübe, konnte nun malen und ist heute Künstler. Ein anderes Beispiel ist der LMU-Professor und ZDF-Wissenschaftsmoderator Harald Lesch, der in der Schule so schlecht in Mathe war, dass er Förderunterricht benötigte. Als Oberstufenschüler erlitt er bei einem Fahrradunfall einen Schädelbasisbruch - und war plötzlich mathematisch hochbegabt.
All diese Fälle sind unterschiedlich gelagert und schwer vergleichbar. Alle gelten als spektakulär. Doch keiner weckte ein so dauerhaftes Interesse wie der von Christopher J. Birch aus Wales.
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Zu Birchs heutiger Erscheinung gibt es ein Gegenbild, entstanden durch ein öfter abgedrucktes Foto, das ihn kurz vor dem Schlaganfall zeigt, als 19- oder 20-Jährigen. Als einen jungen Mann, "mit dem ich, wenn er mir jetzt begegnen würde, nie befreundet wäre", wie er sagt. Birch wog damals sicher 120 Kilo, etwa doppelt so viel wie heute. Auf dem Foto trägt er ein Basecap über raspelkurzem Haar, sein Gesicht ist gerötet, er grinst feist in die Kamera.
Zwei Bilder, die für zwei Leben stehen. Und mit denen sich bald jedes Klischee zementieren ließ. Ein stiernackiger Bankkaufmann, der nach einem Unfall auf dem Rugbyfeld fast 60 Kilo abspeckte und zum Friseur umschulte. Mehr war nicht nötig, "die haben geschrieben, was sie wollten".
"Niemand wird dir glauben"
Aus dem Koma erwachen und plötzlich Chinesisch sprechen oder Formeln lösen, das ist eine Sache. Aber die sexuelle Vorliebe wechseln? Schien der Fall von Chris Birch nicht auch irgendwie zu zeigen, dass sogar das fremde Ich nur einen Synapsenbrand entfernt liegt? Dass es theoretisch jedem möglich ist, als sein heftigstes Vorurteil aufzuwachen? Dass also selbst eine Mega-Hete, wie Birch sie einmal gewesen sein soll, sich beim Rasieren den Kopf am Badezimmerschrank stoßen könnte, nur um eine halbe Stunde später das verstörende Bedürfnis zu haben, dem Postboten die Zunge in den Hals zu schieben?
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Seine Ärzte in Cardiff, ein Neurologe und ein Psychiater, haben ihm das so erklärt: Durch den Sauerstoffmangel sterben bestimmte Hirnregionen ab, andere wiederum werden aktiviert, weil das Gehirn neue Wege findet, um kaputte zu ersetzen. Und mit der Neuvernetzung einhergehende Veränderungen können auch die sexuelle Präferenz betreffen, als deren Steuerungszentrum die Amygdala gilt, die auch wesentlich an der Entstehung von Angst und Emotionen beteiligt ist.
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Und sein Psychiater in Cardiff hat Birch erzählt, dass er einen schwulen Mann in Behandlung habe, der nach einem Schlaganfall heterosexuell geworden sei.
Quelle
08.06.14, 01:36:14
Fundevogel
Ich kenne solche extremen Veränderungen auch aus Schilderungen von Familienmitgliedern von Patienten nach Herztransplantationen.
08.06.14, 06:55:09
drvaust
Ich kenne in meinem Umfeld auch deutliche Veränderungen durch Hirnschäden. Leider sind das meistens auch negative Veränderungen. Zerstörungen ermöglichen nicht immer Verbesserungen.
Ein Freund hatte nach einem leichten Schlaganfall mehrere Probleme verloren (durch Multiple Sklerose bedingte), aber auch sein Angst-Empfinden. Er mußte Vorsicht verstandesmäßig eintrainieren, weil er z.B. unbekümmert durch dichten Verkehr ging.