29.09.13, 11:49:41
CrazyCat
Nachdem ich im Forum bereits hier und da meinen Senf dazugegeben habe, möchte ich mich nun einmal „offiziell“ vorstellen und freue mich auf Eure Ansichten bzw. Einschätzungen bezüglich meiner „Eigenarten“…
Mittlerweile bin ich 29 (w) und habe mich bisher mehr oder weniger gut durchs Leben gekämpft, was nach Außen hin sicherlich eher selten als „Kampf“ bemerkt wurde, weil meine Fassade, hinter der ich mich mein bisheriges Leben lang versteckt habe, recht stabil war.
Bevor ich mich weiter in Schachtelsätzen verliere, dich ich im Schriftlichen sehr liebe, steige ich jetzt mal auf Stickpunkte um; das macht die Sache dann auch übersichtlicher… ;)
Mein Werdegang:
- Schon als kleines Kind hatte ich nie das Bedürfnis, Freude zu finden bzw. zu haben
- Ich habe schon immer Dinge lieber alleine gemacht
- Das (geschlechtstypische) Spielen mit Puppen habe ich immer gehasst, stattdessen spielte ich mit Spielzeugautos und Stabilbaukästen
- Ich entwickelte früh eine besondere Liebe zur Musik (mein erstes Lied schrieb ich im Alter von 7 Jahren)
- Außerdem interessierte ich mich bereits als Grundschulkind für die menschliche Anatomie und Physiologie
- In der Schule (Gymnasium) bemängelte man bei mir „zu interessenbezogenes Lernen“, dennoch habe ich ein ziemlich gutes Abi abgelegt
- Alterstypische Interessen habe ich nie geteilt (Parties, Freunde, sexuelle Partnerschaften…)
- In der Schule (Grundschule und Gymnasium) war ich „gern“ mal das Mobbing-Opfer
- In schriftlichen Arbeiten war ich immer besser, als bei mündlichen Tests
- Bei Lehrern war ich stets als „pflegeleicht“ beliebt (weil ich im Unterricht nicht gequatscht habe und dem Blödsinn der anderen aus dem Weg ging…)
- Durch mein ausgeprägtes Interesse an Anatomie und Physiologie empfahl man mir eine Ausbildung zur Physiotherapeutin, die ich unter großen Schwierigkeiten (die ich allerdings kaum nach außen hin zeigte) absolvierte
- Die praktische Ausbildung war der Horror für mich (ich hasse es, berührt zu werden; das ist noch schlimmer, wenn 20 Mann dabei zusehen – was sich während der Ausbildung kaum vermeiden ließ)
- Während der Praktika (Arbeit mit Patienten in versch. Kliniken) habe ich mich besonders gequält (ich war kaum in der Lage, einen „Draht“ zu den Patienten zu finden oder Therapieanweisungen in für Patienten verständliche Worte zu packen; Blickkontakt war ebenfalls nahezu undenkbar)
- Ein anschließend begonnenes Medizinstudium musste ich abbrechen, da es mich total überfordert hat, mit so vielen Menschen (Kommilitonen) zu tun haben zu müssen (schon allein das Sitzen im Hörsaal neben bzw. zwischen vielen anderen Studenten war eine Qual für mich)
- Meine bisherigen Ausflüge ins Arbeitsleben scheiterten kläglich (eine Zeit lang konnte ich meine Probleme kompensieren, es folgte dann aber recht bald der Zusammenbruch, der zur Aufgabe der Arbeit führte)
Meine „Eingenarten“:
- Kein Interesse, Freunde zu finden bzw. zu haben
- Ich habe oft das Gefühl, von einem anderen Stern zu kommen und mit den hier lebenden Menschen nicht auf einer Wellenlänge zu sein
- Kommunikation bevorzugt schriftlich
- Benutzung von Telefon / Handy nur äußerst selten bzw. im Notfall
- Probleme beim Erkennen und Deuten von Mimik und Gestik
- Vermeidung von Augenkontakt
- Bevorzugung von Dingen, die allein gemacht werden können
- Empfindliches Gehör (ich höre Geräusche, die anderen nicht auffallen würden)
- Geräusche lenken mich oft ab und/oder überfordern mich
- Berührungsempfindlich
- Nicht in der Lage, adäquat auf Emotionen zu reagieren bzw. selber Emotionen zu zeigen (obwohl sie innerlich durchaus vorhanden sind)
- Spezialinteresse Musik (das Spielen der meisten Instrumente habe ich autodidaktisch erlernt; bevor ich ein Instrument spiele, sammle ich umfangreiche Informationen dazu)
- Wenn ich bei einer Arbeit gestört oder unterbrochen werde, finde ich nur sehr schlecht wieder zurück
- Wenn mich jemand beobachtet, komme ich sofort aus dem Konzept und brauche meinen Rückzug
- Wenn ich meinen Interessen nachgehe, vergesse ich gerne mal die Zeit und alles andere um mich herum
- Ich verliere mein inneres Gleichgewicht, wenn mein Tagesplan durcheinander kommt
- Ich plane Aktivitäten sorgfältig im Voraus und muss genau wissen, was auf mich zukommt
- Unangekündigter Besuch ist ein Horror für mich und endet immer mit Überforderung und starkem Rückzugsverlangen
- Ich habe oft ungewöhnliche Lösungsstrategien für diverse Probleme
- Ich frage niemanden, obwohl es mir evtl. manchmal das Erledigen einer Arbeit/Aufgabe erleichtern könnte – ich finde dann lieber individuelle Lösungen
- Mir fallen oft Details und Muster an Gegenständen auf, denen andere keine Beachtung schenken
- Ich könnte explodieren, wenn jemand in fehlerhaftem Deutsch spricht oder in der Zeitung offensichtliche Fehler gedruckt sind
- Ich hasse Unpünktlichkeit, wenn ich denn überhaupt mal unter Menschen bin…
- Kein Interesse und mangelnde Fähigkeit, Small-Talk anzufangen bzw. aufrechtzuerhalten
- Probleme, Gedanken in Worte zu fassen
- Ich liebe Wortspiele, hasse es aber, wenn andere sich nicht klar und deutlich ausdrücken
- Ich nehme vieles wörtlich
- Ich verwechsle bzw. verdrehe ungewollt oftmals Zahlen (z.B. 63 = Sechsunddreißig)
Sicherlich könnte ich jetzt noch viel mehr aufzählen, aber das soll für‘s Erste reichen… ;)
29.09.13, 12:08:14
55555
Hallo, ich kann der Versuchung mal wieder nicht verstehen gleich wieder das zu tun, was andere gerne als Besserwisserei betrachten:
Durch mein ausgeprägtes Interesse an Anatomie und Physiologie empfahl man mir eine Ausbildung zur Physiotherapeutin, die ich unter großen Schwierigkeiten (die ich allerdings kaum nach außen hin zeigte) absolvierte
Eine Grundregel in dieser Welt scheint zu sein, daß man auf Rat von Berater besser nie hören sollte. ;)
Zitat:
Ein anschließend begonnenes Medizinstudium musste ich abbrechen, da es mich total überfordert hat, mit so vielen Menschen (Kommilitonen) zu tun haben zu müssen (schon allein das Sitzen im Hörsaal neben bzw. zwischen vielen anderen Studenten war eine Qual für mich)
Ja, vielleicht gäbe es da noch bessere Lösungen?
Zitat:
Meine „Eingenarten“:
Zitat:
Ich könnte explodieren, wenn jemand in fehlerhaftem Deutsch spricht oder in der Zeitung offensichtliche Fehler gedruckt sind
;) Passiert mir aber auch.
Zitat:
Probleme beim Erkennen und Deuten von Mimik und Gestik
Zitat:
Nicht in der Lage, adäquat auf Emotionen zu reagieren bzw. selber Emotionen zu zeigen (obwohl sie innerlich durchaus vorhanden sind)
Das bezieht sich auf NA-Mimik und NA-Emotionen?
29.09.13, 12:43:31
CrazyCat
@55555:
Zitat:
Eine Grundregel in dieser Welt scheint zu sein, daß man auf Rat von Berater besser nie hören sollte.
Ja, mittlerweile empfinde bzw. weiß ich auch, dass Ratschläge (von NA) meistens nur Schläge sind...
Zitat:
Ja, vielleicht gäbe es da noch bessere Lösungen?
Wenn ich das Medizinstudium zuhause alleine absolvieren könnte, wäre das eine Option für mich. Aber das wird es wohl so schnell nicht geben...!?!
Stattdessen vertiefe ich derzeit meine musikalischen Fähigkeiten in einem Fernstudium und bilde mich zum Audio-Engineer weiter - schön in Ruhe von zuhause aus :)
Zitat:
Das bezieht sich auf NA-Mimik und NA-Emotionen?
Eindeutiges "JA". Mit "Normalos" kann ich nicht viel anfangen - ebenso dürfte es umgekehrt sein... O:)
@all:
Derzeit habe ich (noch) keine offizielle Autismus-Diagnose. Mein Psychiater tendiert in diese Richtung, will sich aber bis zum nächsten Termin in 4 Wochen erstmal tiefgründiger belesen. Wahrscheinlich will er mich dann zur speziellen Diagnostik an einen Fachmann überweisen.
Inzwischen habe ich einige Online-Tests gemacht, die mir allesamt eine hohe Wahrscheinlichkeit bescheinigen, ein Aspie zu sein...
Entgegen vieler Meinungen im Forum hier, dass eine Autismus-Diagnose nachteilig sein könnte, wäre eine betr. Diagnose für mich eher eine Erleichterung, da ich dann endlich meine Eigenarten richtig einordnen könnte und "das Kind einen Namen hat". Ich sehe meine "Probleme" nicht als Behinderung - vielmehr sehe ich mich durch meine Umwelt behindert...
30.09.13, 12:12:49
CrazyCat
Zitat:
Stattdessen vertiefe ich derzeit meine musikalischen Fähigkeiten in einem Fernstudium und bilde mich zum Audio-Engineer weiter - schön in Ruhe von zuhause aus...
>Liest sich gut.<
Ja, das mag sich auf den ersten Blick gut lesen lassen... :l
Ich werde allerdings die erlernten Fähigkeiten nie vollumfänglich nutzen können. Wahrscheinlich wird es darauf hinauslaufen, dass ich meine eigenen Kompositionen tontechnisch ver- und aufwerte. Aber an eine Zusammenarbeit mit anderen Künstlern (NA-Künstler) wird wohl kaum zu denken sein... Einige Versuche in diese Richtung sind kläglich gescheitert (nicht zuletzt wegen meines ausgeprägten Perfektionismus, den ich allerdings gesprochen nicht zum Ausdruck bringen kann).