Deutscher Bundestag legalisiert Menschenzucht via PID
07.07.11, 16:35:06
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Ein tiefschwarzer Tag für diverse Grundrechte und eine Kriegserklärung gegen so gut wie alle Rechte Behinderter.
Zitat:
Auf den Gesetzentwurf pro PID der FDP-Abgeordneten Ulrike Flach und anderer entfielen 326 Stimmen. Der Entwurf für ein Verbot erhielt 260 Stimmen. Acht Abgeordnete enthielten sich. Ein Kompromissentwurf war mit 58 Stimmen in zweiter Lesung gescheitert.
[...]
Bei der PID werden Embryonen aus künstlicher Befruchtung in einem sehr frühen Stadium auf Erbkrankheiten oder Behinderungen untersucht. Bereits heute sind solche Tests an Embryonen aus dem Reagenzglas vor dem Einpflanzen in den Mutterleib erlaubt. Der Streit über die gesetzliche Regelung entzündete sich vor allem daran, was geschieht, wenn bei Embryonen Behinderungen und Erbkrankheiten festgestellt werden. Die PID macht es möglich, solche Embryonen zu "verwerfen" - also nicht einzupflanzen.
Obwohl es bisher keine umfassenden Regeln gab, galt die Methode lange als verboten. Geändert hat dies ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom Juli 2010. Die Richter sprachen einen Arzt frei, der die PID bei Embryonen dreier Paare in den Jahren 2005 bis 2006 angewandt hatte. In Abstimmung mit den Frauen ließ er die Embryonen mit einem Gendefekt absterben. Mit einer Selbstanzeige gab er den Anstoß für die höchstrichterliche Klärung.
Quelle
Diese Entscheidung ist schon deswegen unverantwortlich, weil es bisher schlichtweg keine saubere Definition von Krankheit gibt.
08.07.11, 10:27:00
baum
http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3517136?documentId=7639766
Minute 5:00 - 6:23
Es macht mich sprachlos.
Ich kenne einen jungen Mann mit tuberöser Sklerose, er ist Autist, hat ebenfalls eine relativ schwere Epilepsie. Er kann nicht sprechen, sich selbst nicht immer ganz einfach, manchmal gar nicht, mitteilen. Er braucht bei fast allem Unterstützung.
Für nichts auf der Welt würde ich auf die Begegnung mit diesem wunderbaren Menschen verzichten! Ich habe von ihm sehr sehr viel gelernt, sehr viel mehr, als von vielen "nicht behinderten". Umso mehr schockiert mich diese Frau.
Diese Mutter hätte ihr Kind getötet!
Und wie dramatisch ist es, diesen Jungen so über sich reden zu hören? Wäre nicht alles ganz anders, würde die Mutter anders denken?!
Wäre ihr Sohn jemals darauf gekommen, dass ja alles so schwer und schwierig ist, hätte seine Mutter ihm das nicht vermittelt?!
Und ist nicht letztlich das, was der Mutter zu dieser Einstellung "verholfen" hat, das, was ihren Sohn schließlich leiden lässt?!
Die Inakzeptanz der Gesellschaft? Und NICHTS anderes?!
Schlimm, fast schon zynisch, finde ich, dass bei der ganzen Debatte um die PID scheinbar vergessen oder eher verdrängt wird, dass die meisten Behinderungen prä-/peri- bzw. postnatal entstehen..
08.07.11, 11:24:12
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Die meisten Bürger begreifen nicht was dieser weitere Dammbruch bedeutet, denke ich. Wenn das vor einigen Jahrzehnten schon beschlossen worden wäre, wären vielleicht auch (sofern Gene bekannt wären) Homosexuelle "herausgezüchtet" worden. Die Menschheit begibt sich hier schleichend in einen Abgrund, der sie langfristig insgesamt schwer schädigen dürfte.
Dazu kommen auch noch all die vergessenen Tatsachen wie etwa die, daß Erbanlagen oft nicht 1:1 determinieren wie der Mensch später lebt. Es wird also auch das Leben von Menschen verhindert werden, die sich nicht so entwickelt hätten wie von Ärzten in verkürzter Darstellung erwartet.
08.07.11, 12:47:34
baum
Zitat:
Die Menschheit begibt sich hier schleichend in einen Abgrund, der sie langfristig insgesamt schwer schädigen dürfte.
Ich denke, diese schwere Schädigung ist in dem Moment, wo es beschlossen wurde, bereits eingetreten und wird nun noch sehr weitreichende Folgen haben. Eigentlich trat dieser "Schnitt", als den ich das Geschehen bzgl. PID wahrnehme, sogar schon in dem Moment ein, indem die Diskussion darüber begann. Allein die Tatsache, dass über sowas diskutiert werden musste, finde ich mehr als unmenschlich. Es zeigt nur zu deutlich die Abartigkeit so vieler Menschen.
Im Grunde wurde damit die Tür aufgemacht für das, was Hitlers Traum war.... Die absolute Gleichheit, Makellosigkeit. Das Auslöschen der vermeintlichen, als solche bezeichnete Andersartigkeit, bewirkt zudem eine logisch folgende weitere Diskriminierung, ein Unterstreichen, Betonen ja sogar Bestätigen der Existenz "unwerten Lebens".
Damit ist die Grundlage, ja sogar die Erlaubnis und Humanität geschaffen worden, über den Wert einzelner Menschen zu urteilen. Und was in diesem vermeintlich kleinen Maßstab beginnt, kann sich nur entsprechend der menschlich-gesellschaftlichen Gesetzmäßigkeiten zu etwas größerem, viel weitreichenderem entwickeln.
08.07.11, 14:34:02
Antika
Was ich dazu heute noch gelesen habe, macht mich einfach nur noch sprachlos. Wenn ich das richtig verstehe, dann ist ein "werdender Mensch in der Petrischale" also weniger wert, als ein Mensch der auf natürliche Weise gezeugt wurde?
Und das nennt man dann auch noch "Sieg der Vernunft".
Wann beginnt denn in deren Augen das Leben?
08.07.11, 15:04:27
baum
Der "werdende Mensch in der Petrischale" ist scheinbar noch weit weniger als nur ein Mensch mit weniger Wert als ein natürlich gezeugter Mensch. Soweit ich weiß, werden für EIN Diagnoseverfahren an die 5 Embryonen regelrecht gezüchtet, damit dann alle bis auf einen von ihnen vernichtet werden.
Hinzu kommt dann noch, dass, sollten alle Embryonen nach zu dem Zeitpunkt der Entwicklung geltenden Maßstäben und Diagnosemöglichkeiten gesund sein, das "stärkste/erfolgversprechendste" eingepflanzt und der Rest ENTSORGT wird. Damit ist dann auch das Argument hinfällig, all das diene außschließlich der Vorbeugung von Gendefekten. Denn es wird nicht nur zwischen gesund - erbkrank unterschieden; sondern auch die gesunden Embryonen werden selektiert, so oder so.
Leben beginnt in deren Augen scheinbar erst dann, wenn sie dieses Leben für lebenswert halten und keine Sekunde vorher.
08.07.11, 15:13:31
Antika
Das ist für mich einfach unfassbar.
Stelle mir gerade eine Unterhaltung zwischen Arzt und Eltern in der Zukunft vor.
Eltern: Nun Herr Doktor, was hat die Untersuchung in der Petrischale jetzt ergeben?
Arzt: Alles bestens in Ordnung. Es wurden keine schwerwiegenden Erbkrankheiten festgestellt. Ihr Kind wird völlig "gesund" zur Welt kommen.
Eltern: Da sind wir ja beruhigt und freuen uns dass wir nun doch noch zu unserem Wunschkind kommen.
Arzt: Eine Kleinigkeit gäbe es da aber dann doch noch, auf die ich sie hinweisen möchte.
Eltern: Ja, und das wäre?
Arzt: Ihr Kind wird zu 99% als Autist auf die Welt kommen.
Eltern: Um Gottes Willen, sie haben doch gesagt dass es völlig gesund zur Welt kommen würde. Autismus ist doch auch eine Krankheit und zudem nicht heilbar. Wie können sie da sagen, dass unser Kind völlig gesund zur Welt kommen würde? Nein so ein Kind wollen wir aber nicht. Dann lassen wir es besser bleiben, denn das wollen wir uns nun wirklich nicht antun.
Eltern erleichtert...gut das wir das noch rechtzeitig erfahren haben....Welch ein Glück für uns, dass wir uns zu einer künstlichen Befruchtung entschieden haben. Bei einer normalen Befruchtung hätten wir davon nichts erfahren. Versuchen wir es später noch einmal, vielleicht haben wir dann mehr Glück.
08.07.11, 15:23:02
baum
Genau das.
Zitat:
... eine Kriegserklärung gegen so gut wie alle Rechte Behinderter.
Diese Perspektive kam in den Debatten bzgl. PID nicht oder wenn doch in nur sehr geringem Umfang zur Sprache.
Es scheint für die Entscheidungstreffenden berhaupt keine Rolle zu spielen, welche Botschaft sie durch diese Legalisierung an alle Menschen mit "Behinderung" [auch dieses Wort, diese Trennung u. Unterscheidung wurde schließlich von solchen Leuten eingeführt...]senden. Sie könnten genauso gut sagen "Hätten wir diese tolle Technik schon früher gehabt, hättet ihr nie leben müssen".
Es ist entsetzlich.
08.07.11, 16:11:46
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Gezielte Abtreibungen kennen wir hierzulande ja schon länger, so wurden ja z.B. bereits die T21 weitgehend ausgerottet was die jüngeren Jahrgänge angeht. Diese PID-Regelung geht nun wie ich es sehe klar den Schritt zu Menschenzucht, die durch einfache gezielte Abtreibungen technisch nicht so gut möglich wäre.
Ich rechne damit, daß sich dies über Jahrzehnte immer weiter ausweitet, wenn es angesichts der tiefen Verwurzelung eugenischer Ansichten in der deutschen Bevölkerung überhaupt so lange dauert. Da diese Praktiken mit der Zeit erhebliche negative Auswirkungen auf den Genpool der Menschheit haben werden, wird man dann vermutlich zu immer aktiverer Genmanipulation oder geplanter Einkreuzung von Erbgut aus "weniger entwickelten" Regionen greifen "müssen".
Jede unsinnige Mode wie die Annahme eines Idealmenschentyps kann dann durch diese Praktiken verheerende Folgen haben.
09.07.11, 07:10:57
Leah
Kleines Horrorszenario: In Zukunft werden alle Abkömmlinge des Menschen in Vitro gezeugt und vorausgewählt. Um unbeabsichtigte/unkontrollierte Vermehrungen zu verhindern werden bereits den jugendlichen geschlechtsreifen Menschen alle Keimzellen entnommen und konserviert - die Personen werden anschließend sterilisiert. Im Falle eines später aufkeimenden Kinderwunsches kann dann bequem auf den Keimzellenpool der beiden Beteiligten zugegriffen werden.
Wenn man dann noch die künstliche Gebärmutter dazu erfindet ...
Eine böse Phantasie.
09.07.11, 08:00:44
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Oft kommt es ja viel "dezenter", z.B. so, daß Versicherungstarife wesentlich günstiger werden für "gesündere eugenisierte" Kinder.