16.06.11, 09:18:39
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Das Kabinett billigte am Mittwoch das etwa 200 einzelne Maßnahmen umfassende Paket, mit dem die UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt wird. Unter anderem sind für fünf Jahre 100 Millionen Euro vorgesehen, um die Berufschancen behinderter Menschen zu verbessern. So sollen ab September bis zu 10.000 schwerbehinderte Jugendliche über zwei Jahre auf das Berufsleben vorbereitet werden. Zudem sollen 4000 neue altersgerechte Arbeitsplätze für Schwerbehinderte geschaffen werden.
Der Aktionsplan listet auf über 200 Seiten Maßnahmen aus allen Lebensbereichen auf. So will die Deutsche Bahn ab September in allen Nahverkehrszügen rund 1,4 Millionen gehbehinderten, blinden oder gehörlosen Menschen freie Fahrt verschaffen. Damit sind laut Bundesarbeitsministerium erstmals deutschlandweit und lückenlos Freifahrten im Nahverkehr möglich.
Schlüsselwort für die Teilhabe von
Menschen mit Behinderung [Laut Forenregeln diskriminierender Begriff] soll künftig Inklusion statt Integration sein. Behinderte sollen nicht ausgegrenzt, sondern von vorneherein auf allen Ebenen einbezogen werden. Dahinter steht die Vorstellung, dass sich Behinderte nicht der Gesellschaft anpassen müssen, sondern dass sich die Gesellschaft auf ihre Bedürfnisse einstellen muss.
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Noch bevor die CDU-Politikerin medienwirksam vor Fernseh- und Fotokameras die Journalisten in Gebärdensprache begrüßte, verteilten Vertreter des Forums selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen e.V. (ForseA) und der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. (ISL) vor dem Ministerium Flugblätter. In dem Aktionsplan fehle ein klares Bekenntnis zum selbstbestimmten Leben behinderter Menschen. So bleibe die zwangsweise Einweisung in Heime bestehen. »Ich möchte mein Leben selbst organisieren. In einem Heim oder mit einer Betreuung durch einen Vormund ist das nicht möglich«, sagte der Rollstuhlfahrer Hans-Dieter Marquardt.
Zahlreiche weitere Behinderten- und Sozialverbände äußerten sich ähnlich enttäuscht von dem 200-seitigen Dokument, das bereits im März veröffentlicht werden sollte. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) kritisierte den Aktionsplan als »reinen Aktionismus«. Es brauche eine »Gesamtstrategie, die verbindliche Ziele festlegt«, erklärte der SoVD-Präsident Adolf Bauer. Auch die »Aktion Mensch« äußerte sich kritisch: »Es ist nicht zu erkennen, dass die heute vorgestellten Maßnahmen die Umsetzung der UN-Konvention in den nächsten zehn Jahren sicherstellen«, sagte Martin Georgi.
Als »Tropfen auf den heißen Stein« bezeichnete Ulrike Mascher vom Sozialverband VdK das Ziel, 4000 altersgerechte Jobs für schwerbehinderte Menschen ab 50 Jahren bis 2013 schaffen zu wollen – angesichts von insgesamt mehr als 180 000 arbeitslosen Schwerbehinderten. Mit der »Initiative Inklusion« soll die Berufstätigkeit von Behinderten mit insgesamt 100 Millionen Euro gefördert werden. Bis zu 10 000 schwerbehinderte Jugendliche sollen dabei auf das Berufsleben vorbereitet werden. Dass die Gelder dafür lediglich aus dem Ausgleichsfonds stammen, in den Unternehmen einzahlen müssen, wenn sie zu wenig behinderte Mitarbeiter beschäftigen, empörte die ISL.
Ilja Seifert, der behindertenpolitische Sprecher der LINKEN im Bundestag, nannte die Vorlage einen »Untätigkeitsplan«. Nötig wären Strukturveränderungen wie Barrierefreiheit und die flächendeckende Teilhabe-Assistenz. Die SPD-Fraktion verwies auf ihr eigenes Positionspapier zur Umsetzung der Behindertenrechte, indem etwa die Abhängigkeit behinderter Menschen von der Sozialhilfe gelöst werden soll.
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Ich hoffe, daß es die nächsten Tage noch genauere Berichterstattung geben wird.
16.06.11, 13:38:50
PvdL
Ich vermute mal angesichts der vielen Rohrkrepierer, daß Politiker diesen Mist immer dann aushecken, wenn sie mal für eine Zigarettenlänge zusammen in irgendeiner Raucherecke abhängen. Alles was bis zum Ende der Raucherpause nicht an Einwänden vorgebracht wurde, wird nicht mehr berücksichtigt.
17.06.11, 02:48:20
drvaust
Das scheint wieder mal eine medienwirksame Darstellung zu sein, ohne gründlich darüber nachzudenken, einige Aktionen und Geld verschieben.
Was nützt es Schwerbehinderten, wenn sie im Nahverkehr Freifahrt bekommen, aber oft nicht ein- und aussteigen können. Bisher gab es im Nahverkehr, für Schwerbehinderte, schon weitgehend Freifahrt, nur mit kleinen, aber unangenehmen, Lücken. Im Nahverkehr gibt es wenig durchgehende Fahrten mit Anschluß zum Nahverkehr, das bedeutet oft umsteigen und lange Aufenthalte. Viele Schwerbehinderte haben Probleme beim Umsteigen. Z.B. Rollstuhlfahrer brauchen meistens Hubbühnen, die gibt es nur in größeren Stationen und die dürfen nur von speziellem Personal bedient werden (nicht Zugpersonal). Die DBAG beseitigt also nur kleine Lücken in der Freifahrt, was nicht viel nützt, verkündet das aber ganz groß.
10.000 schwerbehinderte Jugendliche speziell auf das Berufsleben vorzubereiten, erinnert mich an die Bildungsmaßnahmen der AA. Langfristig global geplante Maßnahmen (oft nicht passen und zu spät) beim billigsten Anbieter (für wenig Geld wenig Leistung) und dann wieder arbeitslos. Derartige Maßnahmen gibt es schon, die werden nur neu verkündet.
Die Inklusion muß dort beginnen, wo jetzt die Ausgrenzung erfolgt. Schon bei den Kindereinrichtungen, nicht erst nach der (separaten) Ausbildung.
17.06.11, 08:44:39
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Die Vereinfachung der Freifahrt in einem ähnlichen Sinn wurde schon seit Jahren immer mal erwogen. Oft mit verbundenen Mehrkosten für die Inhaber der Freifahrtberechtigung. In dieser Ankündigung scheint es mir nicht nur um Verbundlücken zu gehen, die DB konnte bisher nur 50km um den Wohnort und in Verkehrsverbünden genutzt werden. In manche Regionen kam man nur mit Privatbahnen oder Linienbussen kostenlos, da Privatbahnen im Nahverkehr anders als die DB schon immer die Freifahrt akzeptieren mußten. Hauptsächlich ist dieser Schritt gut, um endlich Schluß mit dem immensen Informationsaufwand zu machen der nötig war um herauszufinden wo man wie kostenlos fahren konnte.