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Märchen und Volkssagen als historische Quelle

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01.07.08, 14:51:29

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Im Folgenden gebe ich ein kurzes türkisches Volksmärchen nach Dr. Ignaz Kúnos wider, das bisher soweit ich sehe noch nirgendwo im Internet zu finden ist. Kennt jemand weitere Märchen, die über die gesellschaftliche Akzeptanz von Autisten in den letzten hundert Jahren Auskunft geben könnten? Wenn ja her damit.
Zitat:
Es hatte einst ein Menschlein einen Sohn. Dieser Knabe war zwanzig Jahre alt und hat zu niemanden noch ein Wort gesprochen. So oft er nach Hause kam, ging er in sein eigenes Zimmer und verbrachte dort schreibend und lesend seine Zeit. Die Frau hatte in der Welt nur einen Sohn, und da sie ihn sehr lieb hatte, kränkte es sie, daß er mit niemandem redet und kein Wort spricht.

Eines Tages saß sie mit den Nachbarsfrauen zusammen, und redete von ihrem Sohn: „Ich weiß nicht, was ich machen soll, mein Sohn ist zwanzig Jahre alt, redete aber noch zu niemandem ein Wort“. Die Nachbarn: „Verheirate ihn, nach der Heirat wird das Mädchen, das ihn geheiratet hat, ihn zum Sprechen bringen, dann redet er auch mit dir“, sagen diese. Die Frau besinnt sich: „Wahrlich, wenn ich ihm ein Mädchen nehme, wird er gewiß sprechen“. Damit ging sie, ihm ein Mädchen zu suchen. Gehend gehend findet sie in einem Hause drei Mädchen, eine schöner als die andere. Die größte von diesen verlangt sie mit Allahs Befehl für ihren Sohn. Die Mutter des Mädchens gibt sie einwilligend hin. Sie verloben sich also, beginnen die Hochzeit und nach Beendigung dieser führen sie das Mädchen geschmückt, geziert in das Zimmer des Jünglings. Es wird Abend, der Jüngling kommt und sieht die Braut im Zimmer sitzen. Der Jüngling schaut gar nicht in das Gesicht der Braut und geht weiter, setzt sich auf seinen Platz und fängt an zu lesen und zu schreiben. Es wird Mitternacht, er spricht zum Mädchen kein einziges Wort, zieht sich in ein Eck zurück und legt sich. Das Mädchen wird vom Sitzen schläfrig, und auch sie streckt sich an seiner Seite aus und legt sich. Als es Morgen wurde, stand der Jüngling auf, wusch seine Hand und sein Gesicht und ging hinaus. Das Mädchen wacht auf, sieht, daß der Jüngling fortgegangen ist, fängt an nachzudenken: „Ich saß bis Mitternacht diesem gegenüber, er schaute nicht einmal in mein Gesicht, was soll ich mit einem solchen Gemahl machen?“. Damit steht sie auf und geht zurück in das Haus ihrer Mutter.
01.07.08, 19:56:57

drvaust

Gibt es dazu eine Fortsetzung?
Das wirkt irgendwie unvollständig, ohne Ende. Märchen haben doch normalerweise eine Moral oder einen Abschluß (Wenn sie nicht gestorben sind, ...).
Mir fehlt da irgendwie eine Erklärung oder Lehre daraus.
"Das Mädchen fand einen anderen Mann, der sie mit seinem Geschwätz nervte. :D
Der Sohn lebte glücklich und zufrieden, so waren dann auch die Eltern zufrieden."

01.07.08, 20:56:13

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Kann sein, daß es noch weitergeht. Wenn jemand von euch Lust hat, kann er ja mal in einer besseren Bibliothek nach der Sammlung des genannten Autors schauen. Der Titel müßte irgendwas mit "drei Schwestern" sein oder "Der Schweigende". Wenn es noch weitergeht am besten mal abtippen und hier reinstellen.
06.11.08, 07:45:37

reipina

Die Geschichte ist total nett. Ich denke, dass das schon der ganze Ausgang ist. Das Mädchen begnügte sich einfach damit, dass sie einen anderen Mann suchen und zurück zu ihren Schwestern konnte. Der Jüngling war happy, dass er seiner normalen Beschäftigung nachgehen konnte. Er hat in der ganzen Zeit sicher tolle Dinge aufgeschrieben;) Ich informier mich jetz mal aber noch etwas....
06.11.08, 12:34:13

Hans

geändert von: Hans - 08.11.08, 00:07:12

Als "Jüngling" habe ich die Geschichte "Der Hagestolz" von
Adalbert Stifter gelesen.
Darin sind einige Wesensmerkmale des Herrn ein Wenig autistisch.
Ich habe Ähnlichkeiten mit mir gefunden.
Vielleicht beschreibt diese Geschichte auch einen Teil des Autismus.
Wer hat das auch gelesen?

Na, da ist mir noch eine Geschichte eingefallen die mir gut
in Erinnerung geblieben ist,
Ottfried Preußler : Der starke Wanja
05.05.10, 18:48:18

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Allgemeiner abweichendes Verhalten in historischen Quellen habe ich mal im Ermessen als über dieses Thema hinausgehend eingeordnet und diesen Teil hierhin ausgelagert. Das soll aber niemanden verunsichern hier frei heraus solche Quellen zu zitieren. Gegebenenfalls wird es verschoben.
 
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